„Verbrennt sie alle!“ – „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“ als zynische Exploitation

„“Hansel & Gretel: Witch Hunters“ has a lock on No. 1 at the box office with an expected opening of about $30 million, according to people who have seen pre-release audience surveys.“ (LA-Times)

Das Märchen von Hänsel und Gretel wurde mitsamt einigen anderen von den Alliierten nach dem Krieg verboten. Es stand unter Verdacht, die Fixierung der Deutschen auf die Verbrennung von vermeintlichen Bösewichtern aus der vor allem in Deutschland grassierenden Hexenjagd des 16. und 17. Jahrhunderts bis ins 20. Jahrhundert hinein konserviert zu haben. In den Öfen von Auschwitz kehre nur zu deutlich das Märchenmotiv wieder, das Faible der Nazis für romatische Märchen war evident. Die temporäte Identifikation mit den Hexen als vermeintliche germanische Urreligion vollzog der Okkultist Himmler, er wollte den Juden die Hexenjagden unterschieben und arbeitete dabei schon selbst am monströsen Autodafé, dem Holocaust. Ob Juden nun zu Hexen oder Hexenjägern oder beidem gleichzeitig erklärt wurden, der Kontext der Hexenjagden ist für den Nationalsozialismus erheblich. Spätestens in den 1950-ern wurde aber schon wieder munter das Volkslied gesungen von Hänsel und Gretel, die die böse Hexe in den Ofen stoßen: „Die Hexe musste braten, die Kinder gehn nach Haus.“ Dazu wird dann oft noch ein Kindergartentheater aufgeführt, in dem die Hexe dann jämmerlich kreischen muss zum Beifall der Kleinen. Wenn Kinder Märchen brauchen, dann sicher nicht dieses.

Der Splatter-Kracher aus dem Hause Paramount Pictures langweilt nicht nur durch flache folienhafte Durchführungen bekannter Genre-Elemente – das ist schon hinreichend dem Trailer zu entnehmen, der als eigenständiger Kurzfilm gelten kann. Dass Splatter auch reflektiert, spannend, ironisch, lustig und politisch sein kann, beweist Tarantino mit „Django unchained“. „Hänsel und Gretel“ aber entbehrt jeden Schuldgefühls, jeder Reflexion auf irgendeine Problematik, jeden Intellekts.  Wenn da Hänsel vom Leder zieht: „Ich aber sage: Verbrennt sie alle!“ dann sollte dieser gezielt installierte pseudoironische Radikalismus Angst erzeugen. Dieser Film meint exakt das, was er sagt. Das Böse wird hier vollständig rein dargestellt, eine Technik, die extremsten unreflektiertesten Sadismus erlaubt und überaus anfällig ist für Rassisierungen. Das Problem ist nun, dass dieses hier im Film vorgestellte Böse nicht auf einer symbolischen Ebene stattfindet.

Hexenjäger in unterschiedlichen Stufen der Grauamkeit sind Realität in weiten Teilen der Erde. Sie werden unter anderem inspiriert von Filmen. Zwar wird zwangsläufig eine Trennung im durchschnittlichen afrikanischen Publikum vollzogen: westlichen Special-effects wird eine andere Botschaft zugeteilt als den afrikanisierten, die als dokumentarisches Abbild der okkulten Vorgänge gelten. Dennoch ist die Wirkung eines solchen Filmes auf ein zutiefst hexengläubiges Publikum abzusehen, wie es ja auch in den pfingstkirchlichen und volkstümlichen Teilen der westlichen Religionsangehörigen millionenfach präsent ist.

In Nordghana berichtete mir eine Frau, wie man ihr eine Nadel längs in den Finger trieb, um von ihr ein Geständnis zu erwirken. Andere wurden mit Dornen oder Lastwagenkeilriemen ausgepeitscht, man zerschmetterte ihre Fußgelenke mit Steinen oder Hämmern. Wenn ein westliches Publikum heute johlend sich über visualisierte Gewalt an „Hexen“ aufreizt und eine gänzlich unreflektierte Werbesprache das auch noch überall als Kurzweil anpreist, dann widert das an in einem unbeschreiblichen Maße.

„Hänsel und Gretel“ ist offensichtlich nicht nur faschistoid in seinen unironischen Rechtfertigungsmustern von Gewalt, den kalten Identifikationen mit Steampunk-Waffentechnik, die schon das nachgeordnete Computerspiel andeuten. Das ohne jeden echten Witz stattfindende Abfeiern der Gewalt gegen ein böses mythologisches Konstrukt ist im Kern ein nationalsozialistisches. Die unbewussten Nazis weltweit werden mindestens beim Konsum des Trailers im Geiste „Hexe“ und „Jude“ gleichsetzen und die Botschaft „Verbrennt sie alle!“ mit nach Hause nehmen. Den besonders eifrigen Exekutoren bietet man schon „Spiele“ an, in denen Kinder vor herbeifliegenden Hexen geschützt werden sollen. Das verkrampfte Understatement, man glaube ja sicher heute nicht mehr an so etwas, und deshalb dürfe man ja wohl noch gerade so etwas mimetisch nachspielen, ist schon die Schlussstrichmentalität des Postnazismus.

12 thoughts on “„Verbrennt sie alle!“ – „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“ als zynische Exploitation

  1. Hallo Felix,

    schöne Reflexionen zum neuen US-Superblockbuster steuerst du da bei;
    deine Erwähnung des neuen Films von Q. Tarantino und dessen Qualifizierung als „reflektiert, spannend, ironisch, lustig und politisch“ machte mich allerdings etwas stutzig. Ich habe mir den Film nicht angesehen, weil das, was der Regisseur auf Zeit-Online (http://www.zeit.de/kultur/film/2013-01/Quentin-Tarantino-Interview-Django-Unchained/komplettansicht) darüber vom Stapel gelassen hat, mir mehr als sauer aufgestoßen ist: „Es gibt Gewalt, die man schwer ertragen kann, und Gewalt, die Spaß machen kann“, heißt es da, wobei die „Gewalt, die Spaß machen kann“, natürlich mit Tarantino auf der Leinwand stattfindet. Noch viel Besorgniserregenderes findet sich allerdings gleich im ersten Interviewabsatz, wo er davon spricht, mit seinen Filmen bei den Zuschauern „eine Katharsis erzeugen“ zu wollen, „die über historische Realität hinausgeht“, indem er „den Opfern der Geschichte eine Illusion von Rache und Genugtuung“ anbietet. Der sich mit den Leiden der Juden (Inglorious Bastards) und Sklaven (Django Unchained) identifizierende Kinobesucher soll also dadurch die ästhetische und moralische Reinigung erfahren, indem er selbst (durch die filmische Herbeiphantasierung einer alternativen geschichtlichen Entwicklung) sich zum Täter aufschwingt, die selben, nur jetzt legitimierten Gewaltgelüste an jenen praktiziert, die vormals die Täter gewesen waren, und dabei noch Spaß empfinden? Es kann sein, dass ich einige Dinge dabei überbewerte, auch habe ich den Film nicht gesehen und kann deshalb nicht beurteilen, ob die Täter-Opfer-Identifikation tatsächlich so im Film stattfindet. Interessant wäre es deshalb, wenn du dazu kurz was schreiben könntest. Denn unter „reflektiert, spannend, ironisch, lustig und politisch“ vermag ich diesen Film nach dem gelesenen Interview nicht einzuordnen.

  2. Zur Klarstellung meiner – wie mir gerade auffällt – doch arg verkürzt aufgeführten Kritik an dem Interviewinhalt hier noch mal Ausschnitte meiner Kommentare, die ich auf Zeit-Online dazu gepostet habe:

    „[…] Durch die tarantinosche Katharsis wird letzten Endes gar nichts gereinigt. Ganz im Gegenteil […] diese dient Tarantino nur als Vorwand für die Bemäntelung der Gewaltexese, die in seinen Filmen gezeigt werden. Zudem sein >Robin-Hoodeben nicht verdient habenBösen< wird ja nicht diffamiert und als ungerecht bloßgestellt, sondern ihm wird nachgeeifert. Die Opfer werden so zu Tätern; genussvoll zelebrieren sie die gleiche faschistische Überlegenheit, die ihnen dereinst angetan wurde."

    So, ich hoffe jetzt ist etwas klarer geworden, worauf ich eigentlich hinaus will. Und entschuldige bitte die Zweitverwurstung meiner Kommentare 😉

  3. Mist, im Mittelteil ist beim posten was weggefallen bzw. wurde verfälscht. Zweiter Versuch:

    “[…] Durch die tarantinosche Katharsis wird letzten Endes gar nichts gereinigt. Ganz im Gegenteil […] diese dient Tarantino nur als Vorwand für die Bemäntelung der Gewaltexese, die in seinen Filmen gezeigt werden. Zudem sein >Robin-Hoodeben nicht verdient habenBösen< wird ja nicht diffamiert und als ungerecht bloßgestellt, sondern ihm wird nachgeeifert. Die Opfer werden so zu Tätern; genussvoll zelebrieren sie die gleiche faschistische Überlegenheit, die ihnen dereinst angetan wurde."

  4. Sehr plausibler Text. Hexen – Märchen – Romantik – Nazitum – Literaturzensur.
    Noch kenne ich nur die Trailer, aber ich denke, auch demnächst wird dieser Text zur Ansicht mir plausibel bleiben.

  5. Das Märchen macht ja psychoanalytisch einigen Sinn: Die Ambivalenz der Autonomie wird gespalten in Lebkuchenhaus (Aufwertung der Regression) und Abwertung der Herrin dieses Hauses, der Mutter, der Hexe. Der Vater ist allerdings so schwach, dass man schon den Hinweis darauf erhält, dass das Märchen ein narzisstisches ist, in dem die Kinder den gütig-schwachen Vater ersetzen und das Gesetz aus sich selbst erzeugen. Die Kinder ermächtigen sich auch letztlich selbst und gehen „nach Haus“. Der Grund des Aussetzens ist ja nun beseitigt: Die Hexe wurde zerstört (internalisiert) und die Regression, das Lebkuchenhaus aufgegeben. Also wäre durchaus eine Reife entstanden, wenn die Zerstörung auf der symbolischen Ebene geblieben wäre und ein positives, ein Gesetz internalisiert worden wäre. Was aber internalisiert wird, ist der Aufstand gegen die böse Mutter, nicht deren Gesetz. Über Essstörungen (Hänsels) sagt das Märchen auch einiges aus: Brotkrumen die verstreut werden, Knochenfingerchen.

    Eine zweite, bedingt kompatible Interpretationsmöglichkeit ist, der Abwesenheit des Vaters im Hexenhaus Rechnung zu tragen und daraus den immensen Wunsch nach ihm zu extrahieren. Der verzweifelte Wunsch nach einem Dritten, der diese unerträgliche Ambivalenz Hexenhaus-Hexe abfedern und regulieren hülfe, bleibt unbeantwortet, wird aber durch den Aufstand der Kinder auch nicht aufgehoben, sondern beibehalten: Sie gehen nach Haus, regredieren abermals, aber mit reichen Geschenken (Edelsteinen) für den Vater (!). Der Schwan leuchtet den „himmlischen Kindern“ dann heim.

    Rückkehr 1 mit ambivalenter Mutter:
    „Sie liefen geschwind zur Tür und klopften. Die Mutter öffnete und erschrak sich fürchterlich, als sie ihre Kinder sah. Im ersten Moment wusste sie gar nicht, ob sie nun fluchen oder sich freuen sollte, doch der Vater begrüßte die beiden mit einem Lächeln. So wurden Hänsel und Gretel in Gnaden wieder aufgenommen.

    Es dauerte aber gar nicht lange, da schlichen der Hunger und die Sorgen wieder durch das Haus.“

    Rückkehr 2 ohne Mutter/Hexe:
    „Sie fingen an zu laufen, stürzten in die Stube hinein und fielen dem Vater um den Hals. Der Mann hatte keine frohe Stunde gehabt, und auch die Mutter war ihm gestorben. Da schütteten Hänsel und Gretel die Taschen und das Schürzchen aus, worauf Perlen und Edelsteine lustig durch die Stube sprangen. Jetzt gab es keinen Hunger und keine Sorgen mehr, und sie lebten glücklich beisammen.“
    http://www.labbe.de/zzzebra/index.asp?themaid=669&titelid=4849 [sozialdemokratische Lesart: Armut]

    http://www.maerchen.com/grimm/haensel-und-gretel.php

    Der Störenfried in diesem Märchen ist wie oft in anderen Grimm’schen Märchen die Mutter. Das legt einen archaischeren Konflikt mit Versorgung und Autonomie nahe, während das Vaterbild wesentlich ein christliches ist, das aber zu schwach bleibt, um sich durchzusetzen und das seine Gewalt an die Kinder überträgt. Das stellt natürlich einige Fragen an die Narzissmustheorien, die die Dyade gegen das Gesetz stark machen. Gerade die Mutter-Kind-Dyade wird hier zerstört um die Vater-Kind-Dyade herzustellen. Ich bin bedingt ratlos.

  6. Zu Tarantino gäbe es einiges zu sagen. Ich habe die Kritik des BGA Kassel schon kommentiert: http://bgakassel.wordpress.com/2013/01/16/schundliteratur-eins-zwei-drei-vier-viele-holocaust/

    Der Film hat faschistoide Umschläge – insbesondere die Hinrichtung des obersten Haussklaven. Aus einer amerikanischen Perspektive wird die Todesstrafe affirmiert und zugleich ein radikal liberales Gesetz gestärkt: Ungerechtigkeit hat innerhalb staatlich gesetzter Verträge stattzufinden, der archaische Handschlag, Zeichen der Willkür und unvermittelten Herrschaft wird dann auch zwangsläufig exekutiert.
    Dass der Film das Sujet nur benutzt, um Gewalt darzustellen, ist mir zu plan. In ihm steckt großartiges und gar nicht kinogesetzliches. Der Comic relief der KuKluxKlan-Jünger, die über Minuten hinweg über ihre Masken diskutieren (das Kinogesetzt schriebe hier eine maximale Dauer von 15 Sekunden vor), das ist schon schön. Was Tarantino dadurch zerstört ist der Mythos des Geheimbundes – jeder kannte jeden und jeder wusste dass jeder im Klan war. Das ist die Behauptung. Auch wie dieser Deutsche dargestellt wird – das hat Sinn und Stringenz. Ein schwarzer Siegfried, der dann auch partout nicht sterben will – ein Graus für Wagnerdeutsche Ideologie.

  7. „Ein schwarzer Siegfried, der dann auch partout nicht sterben will – ein Graus für Wagnerdeutsche Ideologie.“

    Mal auf die Idee gekommen, dass das „Wagnerdeutsche Ideologie“ auf der Höhe der Zeit sein könnte?

  8. @cddg: das ist ein interessanter Gedanke, den, wenn du ihn selbst ernst nimmst, du auch bestimmen solltest und nicht bloß wegwerfen. Zumal ich noch mehr Gründe angeführt habe, warum er es nicht ist: Abstraktion Vertrag vs. konkrete unmittelbare Herrschaft, Zerstörung statt Gemeinschaft, Individuum statt Kollektividentifikation, etc. Natürlich ist das AUCH grotesker Assesmentcenterquatsch und enthält Momente des white-saving-brown-Genres, das allerdings weitaus üblere Produkte mit „The green Mile“ u.a. hervorbrachte. Dieser Film reflektiert auf diese Produkte, möchte ich meinen, er ist, und das müsste ich korrigieren, nicht nur ironisch, sondern selbstironisch auch wenn das schon wieder zur Ware wird.

  9. Bruno Bettelheim hat eine psychoanalytische Deutung Hänsel und Gretels [1] verfasst. In seinem (respektablen) Versuch den Märchen im Allgemeinen einen Wert für die kindliche Entwicklung nachzuweisen scheint er kein einziges Märchen negativ bewerten zu wollen. Er ignoriert dann auch fast vollständig das Verbrennen der Hexe und gelangt zu einer ähnlichen Interpretation wie du [2] sie andeutest, wenn du schreibst: „Also wäre durchaus eine Reife entstanden, wenn die Zerstörung auf der symbolischen Ebene geblieben wäre und ein positives, ein Gesetz internalisiert worden wäre.“:
    Der Hunger der Familie und das Aussetzen der Kinder sind ihm kein Ausdruck tatsächlicher Armut, sondern einer der Erfahrung, die das Kind macht, wenn seine bedingungslose Versorgung durch die Mutter (den Körper der Mutter!) endet.
    Die erste Rückkehr stellt eine einfache Regression dar, die jedoch, so soll es nach Bettelheim das Märchen vermitteln, keine Lösung ist, denn die Probleme, Hunger und Armut, bleiben bestehen. Mehr noch: Hänsels Intelligenz ist beeinträchtigt, sodass er beim zweiten Mal [3] nur Brotkrumen mitnimmt, um den Weg zu markieren, obwohl er wissen müsste, dass Vögel sie wegpicken werden.
    Das Pfefferkuchenhaus ist der Körper der Mutter, der zugleich Schutz bot und Nahrung, und auch die Hexe erscheint erst als die gute Mutter:[4] „Sie faßte beide an der Hand und führte sie in ihr Häuschen. Da ward gutes Essen aufgetragen, Milch und Pfannekuchen mit Zucker, Äpfel und Nüsse. Hernach wurden zwei schöne Bettlein weiß gedeckt, und Hänsel und Grethel legten sich hinein und meinten sie wären im Himmel.“ [5] Nach dem Ende dieser symbiotischen Beziehung, wird diese von den Kinder der Mutter als Betrug vergeworfen: „Die Alte hatte sich nur so freundlich angestellt, sie war aber eine böse Hexe, die den Kindern auflauerte, und hatte das Brothäuslein bloß gebaut, um sie herbeizulocken.“
    Der Wunsch der Hexe, Hänsel zu verspeisen, spiegelt das Verspeisen des Mutterleibes Hexenhaus durch die Kinder, und vermittelt ihnen bzw. den Zuhörern so bewusst oder unbewusst die Gefahren, die von der oralen Regression ausgehen.
    Nachdem sie diese überwunden haben können sie in ihr Elternhaus zurückkehren; die Juwelen die sie mitbringen ändern an ihren Lebensumständen kaum etwas, da sie für die erworbene Reife und Indiviuation stehen, wie sie auch deutlich wird, wenn die beiden Geschwister, die bisher alles gemeinsam machten, gezwungen sind das „große Wasser“, das sie von ihrem Elternhaus trennt, einzeln zu überqueren.
    Das die Kinder auf ihrem Weg immer wieder von Vögel geleitet werden, verweist laut Bettelheim darauf, dass die Ereignisse von einer höhren, wohlwollenden Macht, für die Vögel, besonders weiße, in der christlichen Tradition stehen (Heiliger Geist!), arrangiert wurden, um die Entwicklung der Kinder voranzutreiben.
    Soweit Bettelheims Deutung, aber les sie dir lieber selbst durch.

    Wie ich bereits gechrieben habe, berücksichtigt er kaum das qualvolle Ende der Hexe. Wenn die Hänsel und Gretel sie für etwas bestrafen — die orale Regression und den damit verbundenen Kannibalismus –, dass auch gerade ihr eigenes Verlangen war, und dann darin auch noch symbolisch ihr Verlangen befriedigt finden — sie muss in einem „Ofen“ „braten“, wie als würde sie zum Verzehr vorbereitet.

    [1] http://www.uky.edu/~aubel2/eng104/dreams/pdf/bettelheim3.pdf
    [2] Ich denke hier im Internet darf man sich duzen?
    [3] Bemerkenswerterweise ziehen die Geschwister nur zwei- und nicht etwa märchentypisch dreimal los.
    [4] Walter Moers beweist in „Ensel und Krete“ entweder Kenntnis dieser Deutung oder eine treffsichere psychoanalytische Intution, wenn er das Hexenhaus zu einer Inkarnation der Hexe selbst macht, das versucht die Kinder mit seinen Magensäften zu zersetzen und die Hexe selbst als „Spinnenhexe“ mit einem Symbol der bösen Mutter in Verbindung bringt.
    Seine Adaption ist übrigens einer der wenigen modernen Adaptionene, in denen die „Hexe“ wenn nicht böse, sodoch zumindest gefährlich erscheint. In den meisten mir mehr oder weniger bekannten Fassungen werden Hänsel und Gretel auf- un die Hexe abgewertet. So beim erwähnten Traxler, bei einer Geschichte Paul Maars mit dem bezeichnenden Titel “ „Die Geschichte vom bösen Hänsel, der bösen Gretel und der Hexe“, und zu einem gewissen Grad im Klamauk der Sat1-Märchenstunde „Hänsel und Gretel — Ein Fall für die Supergranny“. Das mag daran liegen, dass bei ihm nicht etwa die historischen Aspekte betont werden, sondern die psychischen, indem sich das ganze Arbenteuer auch als von halluzinogenen Dämpfen induzierter Trip deuten lässt, und die Handlung sowie so in Zamonien, fernab unsrer Landkarten und unsrer Zeitrechnung, angesiedelt ist, sodass die Hexenverbrennung als Kontext in den Hintergrund tritt. Das macht es umso beunruhigender, das in den vielen Neufassungen, die dieses Jahr in die amerikanischen Kinos kommen, von denen wohl nur die Witch Hunters in Deutschland laufen, die Hexe wieder ihre alte Rolle übernimmt.
    Nun sollte ich diese wahrhaft Mythenmetz’sche Abschweifung aber beenden.
    [5] http://www.maerchen.com/grimm/haensel-und-gretel.php

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