Was nun bei der Verleihung des deutschen Fernsehpreises Marcel Reich-Ranicki genau wann gesagt hat und wo genau Thomas Gottschalk etwas sagen musste, blieb mir verborgen, da ich nur zufällig dazwischenzappte. Anscheinend fand Reich-Ranicki die Show etwas zu billig. Wer von deutscher Comedy allerdings schon vorher erwartet, sie würde irgendeinen Volksgenossen intellektuell diskriminieren oder gar zurücklassen, hätte zumindest keine bessere Show verdient. Was mir allerdings nicht verborgen blieb, war die Botschaft eben des Gottschalks, dem die Presse andichtet, geschlichtet zu haben, was man gemeinhin als Euphemismus für Unter-den-Teppich-Kehren verstehen kann. Jener Thomas Gottschalk nämlich hatte einige Minuten später die Chuzpe, irgendeinen Schwiegersohn von Martin Walser ominös offenherzig begrüßen zu dürfen mit „und richten sie ihrem Schwiegervater doch von mir aus, dass mir sein Buch „Tod eines Kritikers“ sehr gut gefallen hat“.
Der Schwiegersohn nahm die Aufforderung zum Kritikermord an Reich-Ranicki gelassen und salbaderte noch weichgespülten Müll daher in Form von David-Lynch-Zitaten über Sein und Dasein des Glücks, das man nicht erhalten kann, sondern immer nur schon haben soll. Leider hat Reich-Ranicki wohl die Altersmilde gepackt, anstatt weiter in den aufgerissenen Wunden zu bohren macht er auf Kulturdiva, die schon mit allen gut sein möchte, aber halt das Dargebotene allzu kulturlos fand. Nun ja, da wäre nur Adorno anzuführen: „Von Kultur zu reden war schon immer wider die Kultur“.
Herrje, dass Kritische Theoretiker humorresistent sind, wusste ich bereits. „Tod eines Kritikers“ war in meinen Augen eine grandiose Pointe. Leider die einzige des Abends – und das ist auf drei Stunden gerechnet dann doch etwas mau. Es lieferte aber mal wieder einen empirischen Beleg dafür, dass Gottschalk an Unterhaltungswert gewinnt, sobald er in seiner roboterhaften Routine gestört wird und für einen Moment vergisst, den Thomas-Gottschalk-Imitator zu spielen.
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