Der Ausbau der Windkraft ist in Deutschland zum Stillstand gekommen. Bürgerinitiativen aus CDU und FDP haben erfolgreich lokale Windkraftprojekte gestoppt, Landesregierungen in NRW und Bayern Regelungen erlassen, die den Neubau von Windkraftanlagen praktisch unmöglich machen.
Immer wieder bringen gerade die technokratischen Parteien CDU und FDP das Argument des Vogelschutzes ins Spiel, um Windräder als „Vogelschredder“ zu denunzieren. Das ist nichts anderes als ein Mythos, der leider auch bei manchen professionellen Naturschützern gezogen hat.
Der NABU listet Haupt-Todesursachen für Vögel wie folgt auf:
Die Verluste in der gesamten Vogelwelt durch Windräder sind mit ca. 100,000 Vögeln pro Jahr marginal im Vergleich mit Hauskatzen, Stromleitungen und Jagd. Nicht eingerechnet wurden übrigens die Wilderei auf den Zugrouten, die gerade bei seltenen Vogelarten erhebliche Verluste erzeugt, oder auch Landwirtschaft, die ebenfalls zu den größten Verlustfaktoren durch Zerstörung von Bodenbruten zählt.
Zu den Maßnahmen, mit denen Schäden durch Windkraft leicht um ein Mehrfaches kompensiert werden können zählt eine Katzensteuer, wie vom NABU hier beschrieben:
https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/gefaehrdungen/katzen/15537.html
Nun kann man argumentieren, dass durch die 100,000 durch Windkraft getöteten Vögel gerade Großvögel und Raubvögel besonders gefährdet seien. Groteske Rückgänge haben allerdings vor allem die Insektenfresser und Wiesenbrüter erlitten: Feldlerche, Kiebitz, Braunkehlchen, Rebhühner. Hauptursache: Landwirtschaft. Bei den großen Vögeln sieht das ganz anders aus.
Für den Schwarzstorch ist die Populationsentwicklung sehr positiv:
„2005 brüteten in Deutschland mindestens 500 bis 530 Paare,[1] während die Zahl der Brutpaare Anfang der 1970er Jahre noch unter 50 lag.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzstorch#Bestand_und_Bedrohung
Eine Verzehnfachung bei gleichzeitigem Ausbau der Windkraft von 0 auf heutigen Stand.
Im gleichen Zeitraum erholten sich auch die Weißstorchbestände:
„In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre wurde mit 2949 Paaren ein Tiefststand erreicht. Zu Beginn des dritten Jahrtausends brüten in Deutschland wieder etwa 4500 Storchenpaare.“
Der Kranichbestand gilt als „stark zunehmend“ für Westeuropa, der Status der Art ist insgesamt ungefährdet.
Beim Uhu als Referenzart für betroffene Eulenvögel sind die Bestände ebenfalls stark zunehmend:
„Der Bestand des Uhus hat in Deutschland seit Mitte der 1980er Jahre aufgrund von Schutzmaßnahmen sowie durch Auswilderungsaktionen stark zugenommen.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Uhu#Bestand_und_Verbreitung
Auch beim Fischadler: positive Bestandsentwicklung.
https://de.wikipedia.org/wiki/Fischadler#Bestand_und_Gef%C3%A4hrdung
Ebenso der Seeadler: starke Zunahme.
https://de.wikipedia.org/wiki/Seeadler_(Art)#Bestandsentwicklung_und_Gef%C3%A4hrdung
Beim Schreiadler als einer der wenigen großen Greifvögel haben wir eine negative Bestandsentwicklung in Deutschland einer insgesamt ungefährdeten Art, aber der Hauptgrund ist hier eindeutig Land- und Forstwirtschaft, sowie Jagd:
„Das Komitee gegen den Vogelmord e. V. geht davon aus, dass im Libanon jedes Jahr etwa 5000 Schreiadler durch Wilderer getötet werden.[„
https://de.wikipedia.org/wiki/Schreiadler#Bestand_und_Gef%C3%A4hrdung
Als letzte Referenzart kann die Großtrappe gelten: Nach einer Zeit der frustrierenden Misserfolge hat eine Weiterentwicklung und Anpassung von Schutzmaßnahmen auch hier zu einer sehr positiven Bestandsentwicklung geführt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Ftrappe#Bestand_und_Bestandsentwicklung
Keine größere Vogelart kann daher als durch Windkraftanlagen in ihrer Existenz gefährdet gelten. Auch nicht der vielzitierte Rotmilan. Da Deutschland ca. 60% der weltweiten Bestände beherbergt, spricht man hier von „besonderer Verantwortung“. Und der Rotmilan ist durch sein Flugverhalten besonders anfällig für Windräder. Allerdings hat der Rotmilan heute trotz Windkraft in allen Staaten einschließlich Deutschland stabile oder zunehmende Populationen. In Großbritannien wurde er erfolgreich wiederangesiedelt.
Der starke Rückgang in den 1990ern wird vor allem auf Landwirtschaft und Schließung von Mülldeponien zurückgeführt. Die aasfressende Art wäre vermutlich von Natur aus seltener als heute, weil sie in der Kulturlandschaft mit Müllkippen, überfahrenen und durch Mahd getöteten Tieren gefördert wurde und wird.
Nun erschien just eine Studie, die von einer negativen Auswirkung von Windrädern auf Rotmilanbestände spricht. Der NABU fasst zusammen:
„In Landkreisen ohne Windräder nahm der Bestand zu, bei etwa 0,1 Windrädern pro Quadratkilometer waren die Bestände stabil, bei über 0,15 Anlagen auf gleicher Fläche war der Bestandstrend negativ. „
Da viele Kreise allein schon aufgrund der variierenden Windhöffigkeit und anderer einschränkender Faktorn ohne Windkraft bleiben werden, lässt sich hier recht gut sehen, dass wir auch beim intensiven Ausbau von Windkraft in einigen günstig gelegenen Kreisen insgesamt keine bedrohliche Bestandsentwicklung erwarten müssen, weil in den windkraftfreien Kreisen wie etwa in Baden-Württemberg positive Bestandsentwicklungen erfolgen, und das obwohl der gesamtökologische Zustand miserabel ist und von Insekten- und Vogelsterben begleitet ist.
Wenn man sich dann noch das Kartenmaterial aus der NABU-Studie ansieht, ergibt sich ein sehr unklares Bild.
Im Ausschnitt sieht man einen relativ geringen Rückgang in den Kreisen im Zentrum, während der Kreis mit dem stärksten Rückgang nur moderate Windraddichte aufweist. Natürlich kann man hier argumentieren, dass umherziehende Vögel dann durch Windräder im Nachbarkreis dezimiert werden, das müsste aber dann auch durchweg als Muster stattfinden.
In der Gesamtstatistik findet sich natürlich ein Zusammenhang, weil Vogelschlag beim Milan mit ca. 500 aufgefundenen Opfern pro Jahr real ist und Bestände auch dezimieren kann, aber die Karten zeigen doch sehr deutlich, dass andere Faktoren viel entscheidender sind.
Ein Rotmilan wird unter optimalen Bedingungen 30 Jahre alt und produziert ab dem dritten Lebensjahr jedes Jahr ca. drei Eier. Die Küken werden von Rabenvögeln und Habicht erbeutet, können aber auch durch Unwetter und Futtermangel sterben. Am Ende des ersten Lebensjahres leben von einem Geburtsjahrgang etwa 60–65 Prozent. Der Verlust durch Windräder lässt sich daher bei 10-13500 Individuen Gesamtbestand in Deutschland als kompensierbar bezeichnen und andere Todesursachen (Verkehr, Stromleitungen, Jagd) sind mit großer Sicherheit viel relevantere Todesursachen. Neuere Anlagen haben auch nachweislich weniger Vogelschlag, gerade diese werden aber verhindert. Windkraftanlagen können zudem auf der Betriebsfläche mit insektenreichen Magerrasen bestanden werden und so zur Artenvielfalt beitragen. Leider locken diese Flächen auch Rotmilane an, weshalb sie mit Gebüsch bepflanzt werden, in dem sich Mäuse besser verstecken können. In Meeren bilden sich um Offshore-Gestelle sogar Kaltwasserriffe, auch wenn Auswirkungen auf Walpopulationen durch Schall denkbar sind.
Wirksame Maßnahmen für den Rotmilan liegen in der Landwirtschaft, im Eindämmen der Jagd insbesondere in den Winterquartieren und sollte man diese eine Art einmal explizit fördern müssen, kann man auch durch das Auslegen von Aas Bestände anfüttern oder diese auch wiederansiedeln.
Relevanter als Vogelschlag ist bei Windrädern der Fledermausschlag. Allerdings sind auch hier die stärksten Rückgänge auf den Verlust von Winterquartieren, (Höhlen, Scheunen, Gebäudedächer) Sommerquartieren (hohle Bäume) und Insekten zurückzuführen. Eine einzige Schleiereule kann zudem Fledermausbestände in einer Scheune dezimieren. Natur ist auf dezimierende Faktoren ausgelegt durch Reproduktionsraten. Alle heute gefährdeten Fledermausarten waren vor dem Ausbau der Windenergie gefährdet und können durch explizite Förderung in anderen Bereichen in der Fläche bewahrt werden. An Zugrouten von Fledermäusen werden Windräder auch systematisch auf Ein- und Ausflüge von Fledermäusen aus Winter- oder Sommerquartieren angepasst und saisonal abgeschaltet. Das ist mehr, als man von Autobahnen erwartet: Diese werden nicht für Amphibienwanderungen gesperrt.
Die Agitation gegen Windkraft durch die Neue Rechte
5,6 % des weltweiten Energiebedarfs wurde 2017 mit Windenergie gedeckt, 16,2 %in Deutschland. Das Potential für Deutschland wird von Quaschning auf 60 % des Strombedarfs geschätzt. Auch wenn es nur 30% sind, brauchen wir die Windenergie, um Kohle, Atom und nach Möglichkeit Öl und Erdgas als Energieträger zu ersetzen.
Zur rechten Agitation gegen Windkraft gehört die Rede von einer „Windkraft-Lobby“ und profitorientierten „Windkraftbaronen“. Obwohl Windkraft heute in den Gestehungskosten billiger als Kohle und Atom ist, erfolgt aber kein Neuausbau. Das allein spricht schon für die wahre „Macht“ der „Lobby“ – sie steht mit dem Rücken zur Wand.
Wo CDU-Gesetze gegen Windkraftanlagen nicht helfen, greift man zur Verschwörungstheorie: Bürgerinitiativen warnen vor „Infraschallversuchen“ die der Staat durch Windräder vornehmen würde. Hier hat sich eine völlig von Realitätsprüfung abgelöste Szene entwickelt, die Windräder nicht mehr interessensorientiert, sondern in Folge von tiefenpsychologischen Assoziationen wie „Größe“, Konkurrenz zu symbolischen Bauwerken wie Kirchen oder Kapellen auf Bergen oder völlig reduzierten Vorstellungen von „Landschaft“ bewertet. Der für die Artenvielfalt katastrophale Verlust von Struktur in den Naturräumen durch Verkehr, Bau und Landwirtschaft wurde hingegen von der gleichen Klientel ebenso wie der Flächenverbrauch durch Kohleabbau toleriert.
Die Agitation gegen Windkraft bedient sich einer berechtigten Skepsis aus dem Artenschutz, die allerdings einer Prüfung komplexer Ursachen nicht standhält. Diese Untersuchungen wurden von der Propaganda der neuen Rechten begeistert aufgegriffen, intensiv emotionalisiert, erweitert und professionalisiert, um zum einen gezielt den Ausbau einer Energieform zu stören, die heute schon rentabel, zukunftsfähig und machbar ist, zum anderen von viel bedeutenderen Problemen (Landwirtschaft, Kohle) abzulenken sollen und zum dritten sich als Vertreter angeblich unerhörter Bevölkerungsgruppen aufzuspielen um in diese dann das gesamte neurechte Weltbild einzuimpfen.
Ein Windradbetreiber hing Wanderfalkenkästen auf – aus diesen beobachteten Ornithologen hunderte von Jungvögeln ausfliegen. Der einzige Verlust nach Jahren führte dazu, dass das Windrad tagsüber abgestellt werden musste und der Betreiber alle Kästen abhängte. Bis dahin waren über hundert Jungvögel ohne Verluste in den Kästen großgezogen worden.
https://www.nw.de/lokal/kreis_guetersloh/guetersloh/22129502_An-einem-Guetersloher-Windrad-brueten-Wanderfalken-und-sind-deshalb-ein-Streitfall.html?fbclid=IwAR075HzAFCbBKtCAiXm6QcVvKeY8rpxxOrpujMmZOOzh4I3l6KCeVkBgSb0