Workshop „Kritisch-Theoretische Filmanalyse“ in Marburg, 4./5.5.

Institut für Soziologie, Seminarraum 1 (00.003), Ketzerbach 11, Marburg
Der hypnotische Charakter des Filmes, seine sedierende Wirkung, haben zuerst seine treuesten Konsumenten, die Filmwissenschaften, erfasst: Sie idealisieren ihren Forschungsgegenstand häufiger als sie ihn in Frage stellen und in ihren Analysen ist es ganz demodée, das gesellschaftliche Verhältnis dieses Mediums als Ganzes kritisch zu erfassen und zu betrachten. Stets ist von neuen subversiven Schöpfungen die Rede, mit denen der Film endgültig gerettet werden soll zur Avantgarde, zur basisdemokratischen offenen Form, zur Kritik – und stets kommt nichts aus der Kritik heraus, als die selbsterteilte Erlaubnis an den Intellektuellen, dem Film zu Forschungszwecken zu frönen. Nerdtum offeriert dabei noch den Anschein eines sicheren Bodens, von dem aus sich über Filme reden ließe: Die positivistische Anhäufung von offensichtlichen oder irrelevanten Fakten. „Hermeneutische“ filmanalytische Verfahren streichen hingegen gerade die im positivistischen Moment noch aufscheinende gesellschaftliche Gebrochenheit durch und behaupten ein zuallermeist positives Sinnganzes des Films, dem sich dann durch Introspektion auf die Schliche kommen ließe. Filme werden zu harmlosen, jeweils vereinzelten „Erzählungen“. Und selbst die Psychoanalyse weiß heute häufig nichts Besseres mehr anzurichten, als die von Psychoanalytikern extra für Psychoanalytiker ausgestreuten Konflikte und Rätsel noch einmal nachzuerzählen und dem Film oder dem Filmheld die Diagnose als Arztbrief auszustellen. Da aber an der Beliebtheit des Filmes nichts zu rütteln ist, wird keine dieser Veranstaltungen dem Filmpublikum vorhalten, wie und wozu es manipuliert wird.Kritische Theorie stört diese Party und wird daher mit der stärksten Waffe akademischer Zensur bekämpft: Dem Vorwurf des metaphysischen, schlimmer noch: „veralteten“ Elitismus, des Vorurteils. Was Adorno, Kracauer, Benjamin tatsächlich über Film und Kulturindustrie zu sagen hatten, mitunter an verzweifelten Hoffnungen an ihn herantrugen, zergeht in einer selektiven Zitation, in systematischen Missverständnissen und in der hämischen Aufrechnung, dass ja ausgerechnet Theodor W. Adorno mit Gretel Adorno die Tierklinik-Soap „Daktari“ seriell konsumierte oder gar ins Kino ging.

Der Workshop soll gegen diese Tendenzen Film-Konsumenten die Kritische Theorie des Filmes näher bringen, ihnen ermöglichen, spezifische Muster in Frage zu stellen. Wie verlängert sich in Filmen Gesellschaft in die Individuen hinein, was am Medium Film machte es zur dominanten Form von Ideologietransport. Im Allgemeinen bleibt das Besondere des individuellen Films, im weiteren Verlauf die Genres, die jeweilige gesellschaftliche Entfaltung als Genre von erheblicher Relevanz. So stehen einige der neueren und nicht so neuen Phänomene auf dem Prüfstand: Der indigene Film, Trash, Crowdfunding, neuere Kunstfilmkonzepte. So viel Avantgardismus dem spezifischen Produkt auch eingeflößt werden konnte, innerhalb des kulturindustriellen Systems bleiben sie Werbung für den nächsten Film oder für den Film als gesellschaftliche Institution. Anhand einiger ausgewählter Filmanalysen eher fortschrittlicherer Filme werden starre Stile der Stereotypisierung bestimmt, die auch diese Genres immer nur ansatzweise aufgehoben haben: Rassismus, Sexismus, Disziplinierung, Desaster Therapy, Tough Baby, Damsel in Distress, Success Story, Final Girl, Assessment Center, Instrumentelle Psychoanalyse, Antisemitisches Gelächter.Am Samstag den 4.5. und Sonntag den 5.5. treffen wir uns im Seminarraum 1 (00.003) im Institut für Soziologie (Ketzerbach 11) jeweils um Punkt 10 Uhr. PUNKT zehn Uhr. Am Samstag geht es mit Pausen bis 18:00, um 19:00 bieten wir eine gemeinsame Filmlektüre an. Am Sonntag wird die Veranstaltung um 13:00 zum Mittagessen sich auflösen. Veranstaltungsort:

Eigene Referate sind möglich nach Voranmeldung. Wir bitten darum, bis zur Veranstaltung folgende Filme nach Möglichkeit OMU gesehen zu haben:

https://www.facebook.com/events/597624490265622/
– First Blood (aka Rambo I)
– The Green Mile
– Apocalypse Now Redux
– Pans Labyrinth
– Atarnarjuat the Fast Runner (Livestream möglich)
– Top Gun
– The Happening
– I hired a Contract Killer
– Die Entdeckung der Currywurst
– 4 Minuten
– The Master (Nigeria. Gekürzte Version: http://www.youtube.com/watch?v=0KqesD2JU88&wide=1)

Ein PDF-Reader geht den Teilnehmern zu. Die Quellenangaben der OBLIGATORISCHEN TEXTE sind:
– Kulturindustrie. In: Dialektik der Aufklärung, Adorno/Horkheimer. Fischer Verlag.
– Das Spektakel des Anderen. In: Ideologie, Identität, Repräsentation. Ausgewählte Schriften 4: Stuart Hall. Argument Verlag.
– „Dreams are made like this“ – Hortense Powdermaker and the Hollywood Film Industry. Jill B.R. Cherneff. Via JSTOR.
-„Damsel in Distress“: https://www.youtube.com/watch?v=X6p5AZp7r_Q

Weiter empfohlen für die intensive Einarbeitung:

– Alles falsch: Auf verlorenem Posten gegen die Kulturindustrie. Braunstein, Dittmann, Klasen (Hg.) 2012. Verbrecher Verlag
– Adorno. The Culture Industry. Selected Essays on Mass Culture. Bernstein (Hg) 1991. Routledge.

– Part IV: Hollywood. In: Stranger and Friend. The Way of an Anthropologist. Hortense Powdermaker. W.W. Norton & Company.

Eine Veranstaltung der Aktiven Fachschaft Soziologie Marburg
(http://www.fachschaft-soziologie-marburg.de/)

Um an der Veranstaltung teilzunehmen, bitten wir um Anmeldung unter: filmworkshop.fssoziologie@gmail.com

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