Ein Film über eine Psychoanalytikerin macht sich verdächtig, seine Bilder bewusst einzusetzen und ist für seine Inhalte in besonderem Maße verantwortlich zu machen. Die Story ist ein platter whodunnit: ein Arzt „betrügt“ seine Ehefrau, eine Paartherapeutin, mit einer Künstlerin und bringt diese um. Über fünf Folgen werden nun Andeutungen gestreut, die auch den Vater der Ehefrau, diese selbst oder ihren Sohn ins Visier nehmen. Aber es war dann trotz aller Finten und Maskeraden eben doch der angeklagte Ehemann der Paartherapeutin, was wir auch schon wissen, denn bereits zu Beginn hören wir mehrfach Frauen resolut urteilen: „Es ist immer der Ehemann!“
Die Message-to-go von The Undoing ist demnach erstaunlich simpel: Ehebruch ist ein Verbrechen.
Die Staranwältin verrät das am deutlichsten. Sie präsentiert ein Jurymitglied mit den Worten: „Er hat selbst Ehebruch begangen. Er weiß, dass Ehebrecher nicht auch Mörder sind.“ Der Rest des Filmes dreht sich darum, diesen Satz als Lüge zu entlarven, die die Anwältin selbst nicht glaubt. Beim Schuldspruch bricht ihre Kontrolle zusammen und sie giftet ihren Mandanten an: „Verdammt, Sie hätten einfach nur den Hammer vernichten müssen! Wie blöd kann man sein!“
Den Hammer vernichten. Man muss kein großer Psychoanalytiker sein, um den Doppelsinn zu verstehen.
Nicole Kidman wird als überwältigend schöne und perfekte Ehefrau aufgebaut. Sie hat keine Makel und ist am Ende das reine, betrogene Opfer. Wer hier – im oridinären Modus des Films gesprochen – seinen Hammer nicht loswird und treu bleibt, muss blöd sein. Oder ein „Arschloch“, wie der Pflichtverteidiger den Ehemann beurteilt. Er heilt krebskranke Kinder – und „bricht“ seine Ehe mit der Mutter eines Patienten.
Sie hingegen ist Therapeutin und „heilt“ Ehen: Einem homosexuellen Paar empfiehlt sie ganz in der Tradition konservativer Psychoanalyse in den USA, den Akt des Fremdgehens als Resultat einer Störung zu verstehen. Therapie führt nicht in freiere Sexualität, in Versöhnung mit dem Trieb, sondern dazu, dass freie Sexualität nicht stattfindet: Dass es nie wieder vorkommt und man sich „vertraut“.
Ihr Vater gesteht ihr gegen Ende des Films, dass er Zeit seines Lebens untreu war. Nicht Versöhnung, sondern ewige Selbstverachtung gibt der Film ihm zur Strafe mit. Der Film sanktifiziert die Straflust des Vaters, einem selbstbezeichneten „Hurensohn“, der zur Verteidigung der Familie mafiösen Druck ausübt. Das Überich ist zwar selbst bigott, aber weil es sich selbst verachtet, darf es regieren. Am Ende fliegt dieser Vater an der Seite seiner Tochter und seines Enkels im Hubschrauber davon, während unten der Ehemann verhaftet wird.
Am deutlichsten wird diese Identifikation mit einem sadistisch strafenden Überich in der Behandlung des Mordopfers. Die verführerische Künstlerin dringt in die intakte Familie ein und als sie ihr Kind, das Produkt der Affäre, im Haushalt der Reichen und Schönen unterbringen will, wird sie dafür vom Ehemann erst mit dem Kopf an die Wand geschmettert, und als sie ihm voll Wut mit dem Hammer nachläuft, von diesem entwaffnet und getötet. So kann der Film von der Figur des männlichen Ehebrechers beides haben: Schuld und Strafinstanz gleichzeitig. Der Mörder ist verachtenswert, schlimmer noch: bemitleidenswert. Aber er straft die wahrhaft Schuldige, den „homewrecker“, eine bekannte Figur im konservativen amerikanischen Film. Das ist der Grund, warum der Film hier, und nur an dieser Stelle, die Sehgewohnheiten verletzt und das Mordopfer wie in einem schlechten Splatterfilm mit zermatschtem Kopf zeigt. Wieder, und immer wieder.
Die derart aggressiv zerstörte Verführerin ist die Trophäe des Films. Für sie riskiert er eine Abwertung in der Altersfreigabe. Hier sagt der Film: So soll es allen Ehebrecherinnen gehen, die ihre Grenzen nicht kennen.
Daher ist „The undoing“ nur als Stück reaktionärer Ideologie zu lesen, als konformistische Revolte im Bündnis mit einem sadistischen Überich und gegen den Trieb.