Be unstoppable? Eine kleine Hilfsanalyse für Zigarettenwerbungsanfällige

Ein dreitagebebarteter Radler, ein Mountainbike. Edle Karosserien. Dazu der Schriftzug: „Be unstoppable„. Marlboro für Radler? Was ging da in der Zielgruppenselektion schief, möchte man fragen. Naivität würde solches Sinnieren an der Oberfläche den verfuchsten Werbeprofis unterstellen. Marlboro hat mit dieser Werbung einen professionellen Griff in die psychoanalytische Trickkiste vorgenommen, der zu offensichtlich ist, um auf den ersten Blick aufzufallen. Da ist zunächst die simple Modernisierung der abonnierten Cowboy-Symbolik. Statt einem Ross reitet der Metro-Cowboy einen Drahtesel, statt Rössern fängt er Karosserien. Das romantische Bild des Cowboys inmitten einer fliehenden Mustangherde wurde mit Aluminium und Gummi nachempfunden. Versprochen wird nicht ein scharfer Ritt auf dem Fahrrad, sondern das Einfangen der edlen Autos. Warum man aber ausgerechnet als Raucher die Sportivität zum Überholen von 320-PS-Maschinen aufbringen sollte, erklärt der Text und nicht die Logik. „Be unstoppable“ appelliert an die Sucht – „Hör ja nicht auf zu rauchen!“ lautet die einzig richtige Übersetzung. Diese Logik versteht das Unterbewusstsein nur zu gut. Sollte das wider Erwarten nicht funktionieren, bleibt die einzige Logik von Werbung in jedem Fall bestehen: Ein dickes „Höh?“ prägt die Marke eher ins Gedächtnis ein, als jeder sinnliche Reiz.

3 thoughts on “Be unstoppable? Eine kleine Hilfsanalyse für Zigarettenwerbungsanfällige

  1. meine spontane übersetzung des aufrufs lautet eher: Lass dir nicht gefallen, dass eine sterile, moralisch „glänzende“, übermächtige nichtraucherpolitik dir deine freiheit zum rauchen nimmt. he, das leben findet anderswo statt und dein leben hat mit denen, die da oben entscheiden und sich solche autos leisten können sowieso nichts zu tun.
    sei stolz und nimm dir, was du brauchst!

    die frage nach der zielgruppenverirrung stellte sich mir gar nicht, denn es ist ja kein radrennprofi abgebildet, sondern ein bodenständiger, gutaussehender, selbstbewusst wirkender Mann, wahrscheinlich mit dem rad auf dem weg zu seinem unterbezahlten job oder vielleicht auch von einer wilden party nun im morgengrauen auf dem weg in seine studi-wg. Nein dafür hat er es zu eilig, es sei denn er kommt von der wilden party und muss direkt zu seinem unterbezahlten job.
    Irritierend finde ich lediglich sein lächelndes, erwartungsfrohes gesicht, zumindest wenn ich mir vorstelle diese befahrende strasse unter diesen umständen langhetzen zu müssen.
    vielleicht wäre ich lieber auf der party geblieben und hätte eine zigarette geraucht.

  2. Pingback: Sein und Rauch – zur Ontologie der Zigarettenschachtel « Nichtidentisches

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