Postmoderne Spieletesternazis – ein Gastbeitrag

Christian Horn, aka Hochdorff, ein langjähriger Kommentator von „Nichtidentisches“, entblößt im folgenden Beitrag die nazistisch getönte Doppelmoral eines Gamestar-Spiele-Testers.

Computerspiele brauchen Feindbilder, diese Feststellung ist banal. Dennoch kann eine Analyse dieser Feindbilder über den geistigen Zustand der Menschen aufklären, in deren Köpfen sie entstehen. Dabei wäre zu berücksichtigen, welche Feindbilder in welchen Köpfen entstehen. Auf diese Weise könnte man zu einer Kritik der bestehenden Verhältnisse gelangen.

Fabian Siegesmund, seines Zeichens Redakteur des Computerspiele-Magazins GameStar setzt sich in Ausgabe 10/2008 desselben Magazins mit Feindbildern in Computerspielen auseinander. Sein Artikel trägt jedoch nicht zur Kritik der bestehenden deutschen Verhältnisse bei, sondern folgt dem hierzulande herrschenden Relativismus.

Siegesmund vermittelt mit einem rankumpelnden Ton eine Stammtischatmosphäre, die sprachlich den Inhalt des Artikels vorweg nimmt. Seine Betrachtung beginnt mit der Darlegung der Tatsache, dass eine Feindkonstruktion in Abgrenzung zum je Eigenen stattfinde. Auch dieser Befund ist höchst banal. Siegesmund scheint seinem Publikum geistig nicht allzu viel zu zutrauen, so versucht er zu erklären, dass die Abgrenzung gegen „hirnfressende Zombies, kriegslüsterne Wehrmachts-Soldaten (sic!) oder bombenlegende Terroristen“ als Ursache hätte, dass man seinen Heimatort möge, am liebsten lokale Spezereien verdrücke und sich zur Fußball-WM in die je eigene nationale Borniertheit zurückziehe. Diese Erläuterung muss insbesondere im Hinblick auf den Wehrmachtssoldaten sonderbar erscheinen, sorgen doch gerade deutsche Heimatliebe und der „fröhliche Patriotismus“ dafür, dass die deutsche Geschichte auf verschiedene Art und Weise relativiert und entsorgt wird, demnach der Wehrmachtssoldat gar nicht als Feind wahrgenommen werden kann. Als Indiz hierfür können Spieleredakteure verschiedener Formate angeführt werden, die nicht müde werden darzustellen, dass sie dem Setting „2. Weltkrieg“ überdrüssig sind. Die  Erklärung, die Siegesmund dafür formuliert, dass hier dennoch Feinde erkannt werden, verweist auf Konspirationismus. Das die meisten Computerspiele in den USA produziert werden, würde dafür sorgen, dass man die Weltsicht der Vereinigten Staaten präsentiert bekäme und diese akzeptiere. Er belässt es bei dieser Andeutung und überlässt es den Mechanismen der Verschwörungstheorie in den Köpfen seiner Leser, sich auszumalen, welche „Mächte“ hier wirken. Um hier noch etwas einzuheizen, parallelisiert er die Spielproduktion mit der US-amerikanischen Filmproduktion („Filmfabrik Hollywood“), der in populären Verschwörungstheorien eine ähnliche Macht zugeschrieben wird. Siegesmund bemerkt ebenso wenig wie die Verschwörungstheoretiker, dass es sich auch bei Hollywood, einer der selbstkritischsten Filminstitutionen weltweit, nicht um einen monolithischen Meinungsblock handelt.

Diese Übernahme des Feindbildes hat eine Folge, über die sich Siegesmund, da er sie offenbar nicht versteht, nur wundern kann: „Mit der Folge, dass auch deutsche Spieler einen mit einer Kalaschnikow bewaffneten Araber schnell als Feind akzeptieren – oder gar einen deutschen Wehrmachts-Soldaten.“ (Hervorheb. C.H.)

Siegesmund zeichnet hier einen Weg vor, der in Zukunft verstärkt auch von der breiten Masse der Spieler gegangen werden wird. An Pixel-Nazis konnten die nachgewachsenen Deutschen etwas ausleben, dass ihre Eltern, Groß- und Urgroßeltern nicht zustande brachten und sich somit als vermeintlich unabhängig von deren Ideologie präsentieren. Das Szenario wird langweilig und mit dem virtuellen Szenario wird auch die reale Vergangenheit entsorgt, da man sich damit nun beschäftigt hat und – im Spiel – alles „richtig“ gemacht hat. Opa und Uropa werden nicht mehr nicht mehr als Verbreiter des deutschen Wahns wahrgenommen, sondern nur noch als Soldaten einer beliebigen Armee.

In dieser Relativierung kann Siegesmund den Feindbegriff von jeder Realität trennen. Deshalb ist ihm unerklärlich, weshalb deutsche Spieler die nationalsozialistische Soldateska als Feinde wahrnehmen sollten. Er versucht dies mit der vermeintlich starken Symbolik von Uniformen und Abzeichen des 2. Weltkrieges zu erklären, die für ein deutliches Feindbild verantwortlich seien. Nirgendwo erwähnt er, dass der Hass auf die normalen deutschen Soldaten einen realen universellen Grund hat und eben nichts ist, dass erst in irgendeiner US-amerikanischen Spieleschmiede erfunden wird.

Im weiteren Artikel mokiert er sich erkennbar darüber, dass deutsche Soldaten beim Erschießen wehrloser Verwundeter gezeigt und somit als gnadenlos dargestellt würden, ganz so als seien nicht tausende dieser Perversitäten und sadistischen Ausbrüche der ganz normalen Deutschen in Wehrmachtsuniform tatsächlich dokumentiert. Die Bedrohung durch die Deutschen war real und deshalb werden sie heute als Feindbilder in Computerspielen – im Falle Deutschlands zumindest noch – akzeptiert.

In dieser 2. Weltkriegsanalogie setzt Siegesmund das Hakenkreuz sowie Hammer und Sichel als gleichwertige Ideologien, an denen sich Feindbilder festmachen, nebeneinander und ignoriert vollkommen die Tatsachen, dass man etwa in „Call of Duty“ auch in die Rolle der sowjetischen Alliierten schlüpft, gleichberechtigt neben der britischen und amerikanischen Partei. Die Spielindustrie kann also etwas, was deutsche Redakteure nicht können, nämlich historisch differenzieren. Die UDSSR wird als Teil der Alliierten keineswegs zum Feindbild gemacht, sondern ihr Einsatz vielmehr gewürdigt. In Spielen mit Nachkriegsthematik sieht dies freilich anders aus. Hier mag man als Motiv den Antikommunismus erwähnen, der nach wie vor in Deutschland genutzt wird um die Taten der nationalsozialistischen Deutschen zu relativieren.

Auch im weiteren äußert sich Siegesmund realitätvergessen und relativierend, wenn er auf aktuelle Feinde bzw. Feindbilder zu sprechen kommt. Eine Verbindung islamischer Terroristen mit weiten Teilen des Nahen Ostens wird nur suggeriert. In der Gedankenwelt Siegesmunds ist AlQaida anscheinend kein Terrornetzwerk, gibt es keine Verbindung zwischen dem Iran, der Hizbhullah und der Hamas, all dies erscheint ihm als Erfindung einer amerikanischer Spielemacher-Verschwörung. Sein autoritärer Charakter weiß sich hinter einer vermeintlichen höheren Autorität zu verstecken: Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BpjM) kritisiere an „Command & Conquer: Generäle“, dass es die Gefährlichkeit islamistischer/baathistischer Banden zu realitätsnah wiedergebe.

Ein weiteres konspirationistisches Moment lässt sich bei Siegesmund feststellen: der Hang zur Personalisierung. Für die Spielentwickler Pandemic sei der Umstand, dass Georg Bush die Verbindung zwischen Hugo Chavez und Fidel Castro[1] ein Dorn im Auge sei, Grund genug, die Handlung ihres Spieles „Mercaneries 2″ nach Venezuela zu verlegen. Pandemic bedient demnach keinen zahlungskräftigen Markt, der hungrig ist nach möglichst aktuellen Settings, sondern die Wünsche eines scheidenden Präsidenten.

Abschließend präsentiert Siegesmund antisemitische Machwerke wie „Under Siege“ oder „Rescue the Nuke Scientist“ als nur technisch schlechter gemachte Äquivalente zu westlichen Computerspielen.[2] Er übernimmt den antizionistischen Sprachgebrauch und verwendet Kampfbegriffe wie „israelische Besatzer“. Die in „Rescue the Nuke Scientist“ vom Spieler aufzudeckende „israelische Verschwörung“, eine digitalisierte und multimedial aufbereitete Fassung der „Protokolle der Weisen von Zion“, hält Siegesmund nicht für erwähnenswert oder problematisch. Er stellt diesen „Plot“ gleichberechtigt neben den Plot jedes x-beliebigen anderen Spiels. Siegesmund zeigt damit in seiner ganzen Argumentation seine Anschlussfähigkeit an moderne Verschwörungstheorien und deren antiamerikanische und antisemitische Ressentiments.

Dabei findet eine gegenläufige Verdrehung von Tatsachen statt. In westlichen, realitätsbezogenen Spielen  (z.B. „Brothers in Arms“) hält man sich auch meist an die Realität bestimmter Szenarien. Bestimmte Feinde – entweder historisch (Nationalsozialistisches Deutschland) oder aktuell (Islamistischer Tugendterror) – bedrohen die Freiheit des Individuum und diese Freiheit wird universalistisch begriffen. Sie meint eben nicht die Un-Freiheit der eigenen Scholle. Islamistische Spielemacher hingegen setzten auf eine als Realität vorgestellte Wahnwelt, die propagandistisch ausgeschlachtet wird. Es wird tatsächlich an eine allgemeine zionistische oder jüdische Verschwörung geglaubt, die man nur aufdecken müsse, um die Welt erklären zu können. Diese Spiele nehmen nicht wie die westlichen Spiele mit aktuellem bzw. historischen Setting Anleihen an der Realität und interpretieren diese bzw. lassen den Spieler interpretieren, sondern wollen unmittelbar die Wirklichkeit nach ihrem Bilde formen. Wie in konspirationistischen Enthüllungsgeschichten soll dem Spieler die angeblich verheimlichte Wahrheit „bewiesen“ werden. Dadurch wird Realität (vergangene und gegenwärtige) zu einem gigantischen Lügengebäude  zurechthalluziniert. Die Fälschungen sind austauschbar, wenn es darum geht die „Wahrheit“ zu kaschieren. Die Realität wird damit selbst zum Schein und die Verbindung bestimmter gesellschaftlicher Momente mit ihr für den Konspirationisten nicht mehr erfahrbar.

Die Realitätsgebundenheit der Feindbilder „Wehrmachtssoldat“ und „islamischer Terrorist“ sowie die Differenz in der Genese und Präsentation von Feindbildern insgesamt ignoriert Siegesmund, weil er sie nicht (mehr) versteht. Er offenbart im Zuge seines Aufschwungs vom Spieletester zum Gesellschaftskritiker seine Anschlussfähigkeit an das konspirationistische Denken westlicher und islamischer Antisemiten und ist damit Ausdruck des neuesten deutschen Nationalismus und seiner Ideologie der Äquidistanz und postmodernen Gleichmacherei.


[1] Treffender hätte Siegesmund hier wohl die Verbindung zu Ahmedinejads genannt, aber dies hätte die tatsächliche Bedrohung, die sich  für die USA anbahnt, wohl zu deutlich als real angezeigt.

[2] Dass diese, wie er anmerkt, nur als Kuriosum interessant seien, ist falsch, denn an ihnen kann man die vernichtungsantisemitische und verschwörungstheoretische Ideologie der islamischen Welt analysieren.

33 thoughts on “Postmoderne Spieletesternazis – ein Gastbeitrag

  1. Ziemliches Gelaber.
    „Sie meint eben nicht die Un-Freiheit der eigenen Scholle. Islamistische Spielemacher hingegen setzten auf eine als Realität vorgestellte Wahnwelt, die propagandistisch ausgeschlachtet wird.“
    Nur die westliche Sicht ist die richtige Sicht, nur eine Seite der Medaille die Wahrheit? Na dann Prost.

    Die erinnerungswürdige Aussage des Artikels von Fabian Siegismund war, dass die Feindbilder je nach kultureller Prägung variieren, die gängigen Spiele hier einer westlichen „Ideologie“ folgen. Das ist noch nichtmal besonders intelligent, es ist offensichtlich, aber es ist dem hier abgesonderten pseudointellektuellen Gedöhns um Meilen voraus.
    Gruß

  2. Übrigens kann keineswegs davon gesprochen, dass die sowjetische Kriegführung in Call of Duty als moralisches Äquivalent der westallierten Kriegsanstrengungen dargestellt wird. Vielmehr wird sehr deutlich die menschenverachtende Behandlung der einfachen sowjetischen Soldaten durch ihre Vorgesetzten und das sowjetische System thematisiert.

    Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist sicherlich das Niederschießen zurückweichender sowjetischer Soldaten durch in deren Rücken stationierte „Sperreinheiten“. (Eine der eindrucksvollsten „Szenen“ des Spieles.)

    Damit kann allenfalls von einer Heroisierung der ungeheuren Leiden der einfachen sowjetischen Soldaten gesprochen werden, die die eigenen Vorgesetzten beinahe genauso fürchten mussten wie den Feind.

  3. @Paule: Danke. Zur Frage: Nie, ganz sicher! 😉

    @onli: Schön daß du den (Kultur-)Relativismus, den ich meine, nochmal so prägnant zusammenfasst.

    Thanx ans nichtidentische…

  4. Du nimmst dir da, und das meine ich rein sachlich, ziemlich viel heraus.

    Die Beobachtung „Es gibt unterschiedliche Feindbilder in den Kulturkreisen“ Relativismus zu nennen bedeutet implizit, das
    1. Eine Seite Recht hat.
    2. Du so weit über den Dingen stehst und mit einer göttlichen Erkenntnis gesegnet bist, sodass du entscheiden kannst, welche – und zwar ohne den Versuch zu unternehmen, zu differenzieren und die verscheidenen Sichtweisen zu hinterfragen. (Das kann man bei den Nazis noch machen, aber wer war z.B. im Ost-West-Konflikt der Böse? Gab es da einen Bösen, ist deine Realität so Schwarz-Weiß? Wer ist Schuld an der deutschen Teilung: Die Sowjetunion oder die Alliierten?)

    Das ist die größte Schwäche: Das Beharren auf eine objektive Realitätsgebundenheit. Erzähle du mal einem arabischen Terroristen, wie die Realität aussieht. Er wird eine ganz andere Variante der (wissenschaftlichen und historischen) Wahrnehmung als Realität bezeichnen. Und das kommt ja nicht von ungefähr: Wie sieht denn die Realität in Israel aus, wenn Palästinenser per Bombenangriff liquidiert werden – oder wie war das in Georgen? Dort den Feind in „unserer“ Seite zu sehen ist so unberechtigt nun auch nicht, das man es als propagandistisches Wahngebäude hinstellen muss. (Ja, ich bin auch westlich geprägt und in vielen Dingen anderer Meinung als der Terrorist – aber ich weiß, dass es Ebenen geben wird, in denen meine Realtitäswahrnehmung die Folge meiner westlichen Prägung ist und nicht mit der historischen Realität übereinstimmt. Diese Möglichkeit unterschlägst du völlig).

    Im Übrigen: Dein Nazi-Verherrlichungs-Vorwurf bei den Wehrmachtssoldaten ist absolut unberechtigt. Wie auch in deinem Artikel geschildert folgt der Autor der These, dass die kulturelle Distanz Feindbilder erleichtert (Huntington lässt grüßen). Das erklärt problemlos, warum da ein „sogar deutsche Wehrmachtssoldaten steht“: Obwohl aus dem gleichen Land stammend, also ursprünglich mit einer sehr geringen Distanz versehen, ist der Wehrmachtssoldat Feindbild Nummer Eins. Das nimmt eine Sonderrolle ein, das die kulturelle Distanz also doch so groß ist, obwohl die „Kulturvariante“ aus dem gleichen Land stammt wie der Spieler. Dies mit einem „sogar“ als Besodnerheit zu kennzeichnen heißt nicht, dass die Feindrolle unverdient wäre. Ganz im Gegenteil: Es zeigt, wie wenig unerklärlich und also berechtigt es ist, dass der deutsche Wehrmachtssoldat Feind ist.

    Das ist sowieso das Besondere. In diesem Blogeintrag stecken einige komplizierte Wörter, Schachtelsätze, das ganze ist ja offensichtlich als intellektuelle Kritik gegen den angeblichen Stammtischler Spieletester ausgelegt – der hat ja nichtmal studiert, das steht hier zwischen den Zeilen. Und doch ist deine Weltsicht simpler, deine Thesen wackeliger, und dein Verständnis des Textes, auf den du dich beziehst, so weit entfernt von dem was der Text eigentlich aussagt, das man es getrost als „mangelhaft“ bezeichnen kann.

    Du wirst wahrscheinlich wieder einen Weg finden, meine Einwände als Bestätigung meines Relativismus anzusehen und so zu bemerken, wie weit deine ach so intellektuelle Interpretation meiner und den Fähigkeiten Siegesmunds überlegen ist. Aber in dieser Selbsteinschätzung irrst du. Aber hey, jeder kann sich mal vertun und einen Text missverstehen.
    Gruß

  5. Erstmal danke für den Link.
    Zur Frage: „Wer ist Schuld an der deutschen Teilung: Die Sowjetunion oder die Alliierten?“
    ist die Antwort klar: Das waren natürlich die Deutschen selber.

    Zur Frage: „wer war z.B. im Ost-West-Konflikt der Böse“
    klarer Fall: Stalin, Pol Pot, Mengistu, Kim Jong, Mao Tse Tung, Abimael Guzman, Fidel Castro. Keine sympathischen Burschen, nein.

    Zur Frage: „Wie sieht denn die Realität in Israel aus, wenn Palästinenser per Bombenangriff liquidiert werden“
    Sie sieht so aus, dass Palästinenser per Bombenangriff liquidiert werden. Dazu gibt es verlässliche Zeitungsmeldungen, die von ebenso verlässlichen israelischen Oppositionellen hinterfragt werden und von überaus couragierten Soldaten und Zivilisten wiederum zur Diskussion über Zweck und Moral gestellt werden. That’s democracy, my friend. Und sogar Avnery darf danach behaupten, es wären 100 statt 13 gewesen, es wäre Napalm statt einer handelsüblichen Streubombe gewesen, es wären friedliebende Zivilisten statt mafiöse Terroristen samt familiärem Umfeld gewesen.
    Nun versuche mal in Palästina, etwa in Gaza, wie Avnery mit einem Transpi rumzulaufen, auf dem du forderst, Selbstmordattentate und Kassams einzustellen, um Israelis in Ruhe zu lassen und den Frieden zu fördern. Ich müsste da spontan an die Harlem-Szene aus „Stirb langsam“ denken. Aber das sind natürlich alles konstruierte Realitäten, wie für gewisse Muslime ja auch im Koran steht, dass der Schweiß der Hände für die Verdauung förderlich sei und deshalb mit den Händen zu essen ist. Höchst diskursiv.

  6. Wenn jemand etwas, daß deutlich Bezug zu den „Protokollen der Weisen von Zion“ aufweißt, als alternative Weltsicht präsentiert, wenn jemand seine Erklärungen im konspirationistischem (verschwörungstheoretischem – für „nicht-Studierte“ 😉 ) Geraune findet und sich obendrein und wenn jemand versucht sich und andere damit zu retten zu behaupten, es bestünde „eine große kulturelle Differenz“ zwischen einem Wehrmachtssoldaten und einem Ott-Normaldeutschen, deshalb wären erster Feind Nummer eins, dann gibt es für mich nichts mehr zu diskutieren. (Dazu kommen all die Sonderbarkeiten, auf die das liebe Nichtidentische schon hingewiesen hat.)
    Wer nicht an einem Realitäts- bzw. Wahrheitsbegriff festhält und alles in den postmodernen alles ist irgendwie das Gleiche Diskurseintopf zu rühren, kann nur noch das Ziel von Polemik und Indignation sein.

    P.S.: Dein implizieter Antiintellektualismus spricht auch nicht gerade für dich.

  7. @nichtidentisches: „Zur Frage: “Wer ist Schuld an der deutschen Teilung: Die Sowjetunion oder die Alliierten?”
    ist die Antwort klar: Das waren natürlich die Deutschen selber. “
    Das war ganz bewusst nicht die Frage. Das ist zu simpel. Die Frage war schon absichtlich als eine Auswahl zwischen Alliierten und Sowjetunion gestellt – dort ist die Entscheidung, wer das begünstigt hat, wesentlich komplizierter.
    Der Ost-West-Konflikt beschränkt sich nicht auf den Kampf „Freie Welt gegen Diktatoren“ und ich gehe mal davon aus, dass dir die eigentliche Fragestellung sehr wohl bewusst war – ebenso, was ich mit dem Israel-Palästina-Beispiel gemeint habe. Deine Antwort offenbart ja, dass du durchaus erstanden hast, dass nicht die eine Weltsicht automatisch die richtige ist..

    @Hochdorff: Die “Protokolle der Weisen von Zion”sind nunmal eine alternative Weltsicht. Eine verwerfliche, aber eine existierende. Ich halte sehr wohl an einem Wahrheitsbegriff fest – aber eben auch daran, den zu hinterfragen, wenn es nötig sein sollte. Sowas nennt man differenzieren. Man merkt aber ja schon an dem Blogpost, dass dies nicht so dein Gebiet ist. Ich habe dir ja schon prophezeit, wie du reagieren wirst, und auch, was das bedeutet.

    PS: Das ist kein Anti-Intellektualismus, und es war äußerst explizit. Ich kann es schlichtweg nicht leiden, wenn versucht wird, dürftigen Inhalt mit absichtlich überkomplexen Sprachkonstrukten zu tünchen. Das heißt nicht, dass eine abstrakte Darstellung per se unzureichend ist – aber wenn der Inhalt nicht trägt, retten auch keine Fremdworte.

  8. Pingback: Fremdgelesen: Postmoderne Spieletesternazis : SportsWire

  9. 1. In vorauseilendem Gehorsam etwas „vorrauszusagen“ heißt schlichtweg, dass man schon ahnt, was für einen Bockmist man da von sich gegeben hat. Es erspart einem aber eben dann doch nicht die Kritik.

    2. Zitat: „Ich halte sehr wohl an einem Wahrheitsbegriff fest – aber eben auch daran, den zu hinterfragen, wenn es nötig sein sollte. Sowas nennt man differenzieren.“

    Das ist dieselbe öde „man wird ja noch fragen dürfen“-Rhetorik, die zu gewissen Konferenzen in Teheran führt.

    3. Zitat: „Die “Protokolle der Weisen von Zion”sind nunmal eine alternative Weltsicht. Eine verwerfliche, aber eine existierende.“

    Geht’s noch?

    Letzteres ist für mich in der Tat das Ende der Diskussion, da bei Leuten die Antisemitismus als irgendwie verwerfliche, aber alternative Weltsicht präsentieren jedes weitere Wort verschwendet wäre.

  10. Was natürlich viel darüber aussagt, wie gut du in der Lage bist, politische Ideologie von simplen Fakten und Beobachtungen abzukoppeln. Nur weil dir etwas nicht in den Kram passt, heißt es nicht, das es nicht existiert.

  11. Auch wenn Hochdorff sicherlich recht hat, dass hier jedes weitere Wort verschwendet ist, kann ich mir einen Kommentar nich verkneifen.

    Zitat onli:
    „Ich halte sehr wohl an einem Wahrheitsbegriff fest – aber eben auch daran, den zu hinterfragen, wenn es nötig sein sollte.“

    heißt doch wohl im Klartetxt: Ich habe Prinzipien, aber nur, wenn sie mir in den Kram passen?
    Ganz schön praktisch…

  12. Nein, heißt es nicht. Wenn ich beobachte, dass jemand eine Situation ganz anders bewertet, gehört es dazu, zu versuchen, dessen Gedankengang zu hinterfragen. Dies zu tun ist nicht per se verwerflich. Es per se nicht zu tun und es für verwerflich zu halten ist nichts anderes als Dogmatismus.

  13. Nein, es ist einfach nicht gesund, von antisemitischen Vernichtungsphantasien und -praktiken, das Wort klingt schon wieder zu harmlos, als Meinung auszugehen und zu glauben, irgendeine Äquidistanz zu diesen Problemen einzunehmen zu müssen.

  14. Ich möchte hier mal ein wenig „Werbung“ machen, die liebe Redaktion Bahamas hat eine wirklich interessante Ausgabe zusammengezimmert, es geht darum was Wahrheit/Realität ist und weshalb an ihr -und dem damit verbundenen Universalismus- festzuhalten ist. (grob umrissen) Dabei findet eine profunde Kritik des postmodernen Relativismus statt. Der m.E. beste Text steht online:
    http://www.redaktion-bahamas.org/auswahl/web56-2.htm

  15. …da hat sich Gremliza aber auch was geleistet. Wenn du willst kann ich dir die betreffenden Stellen wieder als PDF zuschicken.
    Ich frag mich wohin die konkret noch abdriften kann und wann es Zeit wird das Abo zu kündigen…

  16. Ich war übrigens bei Wertmüllers Vortrag vor einer Woche in Berlin. Das hat sich auf jeden Fall gelohnt, weil er den Nachruf auf den Kritiker mit viel Leidenschaft vorgetragen hat.
    Das konkret-abo zu kündigen, dafür sehe ich aber keinen Anlass.

  17. Konkret-Abo? Da kann ich ja gleich die Bunte abonnieren. Nein, im Ernst: Konkret ist schon nett bisweilen, aber der Chotjewitz gab bei mir den Ausschlag zur Kündigung. RAF-Revisionismus und Revolutionsromantik im Stile der 68-er wieder aufwärmen geht gar nicht.
    Und Magazine gibt es wirklich genug lesenswerte auf der Welt.
    Wertmüllers Reaktion erscheint mir aber doch noch ein wenig zu aufgeregt. Da wäre etwas abgeklärte Selbstironie mitunter wünschenswert – und man könnte sich so manchen Fehler etwas leichter eingestehen.

  18. Du bringst die Sache mit der Konkret auf den Punkt, dazu kommen für mich die unverbrüchliche Treue zum Nachfolger der Sowjetunion und das vermehrt wieder einsetzende us-bashing. Außerdem scheinen Dahlmann, Grigat, Lenhart, Pankow, von der Osten-Sacken und Scheit sich auch als Autoren aus Konkret verabschiedet zu haben. Kunstreich hat auch schon ewig keinen Artikel mehr untergebracht.

    Manchmal hab ich den Eindruck, dass man bald die Apotheose des Elsässer erleben wird…

    Btw. fand ich Wertmüllers Reaktion angemessen, den Vortrag hätte ich auch gern gesehen.

    …na mal sehen, was noch so wird.

  19. Wertmüller hat auch drauf hingewiesen, daß so ein unsäglicher Schmarrn, wie Immanuel Kant zum Vordenker der Vernichtung umzubiegen etc.Auswirkungen hat auf die Wahrnehmung der an und für sich guten Artikel.

    Die Zeitschrift hat eben, wie Scheit es ja auch in der aktuellen Bahamas beschreibt, Konsensprinzip als Publikumszeitschrift. Und ich sehe sie dennoch weiter als eine der besten Magazine an, und wenn das nur von Film- und Buchkritiken von Marit Hofmann herrührt, oder von Kay Sokolowsky, wenn er noch vor Reich-Ranickis Auftritt den Literaturbetrieb und Elke Heidenreich treffend charakterisiert oder das deutsche Kabarett zerlegt.

    Und Elsässer ist doch ein gesondertes Phänomen. Ich glaube nicht, daß konkret dahin gerät, Hamas und Hisbollah zu verteidigen.

  20. Zum Thema Wehrmachtssoldaten als Feindbild: Klar, man fühlt sich moralisch überlegen, wenn man als Alliierter europäische Städte befreit. ich hatte aber auch nie Gewissensbisse, bei Computerspielen die Naziseite zu spielen. Das Wort „Spiel“ heißt genau das und nix anderes, wer Spiele ernst nimmt, sollte eben nicht spielen (Allerdings würde ich einer ‚Defense Castle Wolfenstein‘-Version auch eher ablehnend gegenüberstehen).

    Die Konkret is mir zu teuer und nicht flauschig genug für Klopapier. Dann lieber die Titanic, die is der Konkret intellektuell und humoristisch um Längen voraus und lange nicht so hassverbohrt.

    “Die “Protokolle der Weisen von Zion”sind nunmal eine alternative Weltsicht. Eine verwerfliche, aber eine existierende.”
    –> Ja. Daß es eine alternative Weltsicht ist, heißt nicht, daß es eine Alternative für mich wäre, aber die Existenz dieses Machwerks ist Beweis genug, daß es Menschen gibt, die diese Weltsicht vertreten. Ich glaube, nix anderes hat Onli gemeint, und ich unterstelle ihr/ihm mal positiv, daß damit nicht gemeint war, daß man diese Weltsicht alternativ gutheißen könne. Faschismus ist auch eine ‚alternative Weltsicht‘. Alternativ wird in der Regel erstmal positiv konnotiert, von wegen „die Alternativen“ im Sinne von Ökos und so. Daß es im Wortsinn eigentlich nur „andersartig“ heißt, wird übersehen.

    Felix, woher kommt eigentlich deine Fixierung auf Fremdwörter? Fühlst du dich kulturell Leuten überlegen, die nicht krampfhaft für jedes Wort ein Fremdwort suchen oder wissen?

    Die Welt machst du dir auch sehr einfach.
    “Zur Frage: “Wer ist Schuld an der deutschen Teilung: Die Sowjetunion oder die Alliierten?”
    ist die Antwort klar: Das waren natürlich die Deutschen selber. ”
    Klar. Ok. Bin totgeschlagen. Bin ich Nazi, wenn ich widerspreche? In deinen Augen ja, nehm ich an.
    Die Teilung fand einige Jahre nach dem alliierten Sieg (mannmannmann, fast hätte ich ‚deutsche Niederlage‘ geschrieben…puhh, DANN wär ich vielleicht Nazi, Alter…) statt, zu einem Zeitpunkt, an dem ‚die Deutschen‘ so wenig mitzureden hatten wie noch nie. Wenn du historische Schuld heranziehst, begibst du dich auf gefährliches relativistisches Terrain, dann war nämlich weder Hitler noch die Deutschen Schuld am WK II sondern Hitlers Eltern, die Siegermächte des Versailler Vertrages, der westfälische Friede, das römische Reich, die schöne Helena…

    Nochmal zu den Spielemachern: ich glaube nicht, daß die sich propagandistisch so viel denken, die überlegen eher, was kommt an und greifen eben reale Konflikte auf. In den Spielen werden die Seiten dann eben entsprechend den ihnen von der „Öffentlichkeit“ zugeschriebenen Klischees dargestellt, zwecks Wiedererkennungswert. Woran soll man denn einen muslimischen Gotteskrieger sonst erkennen, außer am Bart, Turban und C4-Gürtel…

  21. „Alternativ“ – nein, gemeint ist mit „alternativ“, dass Weltsichten eben Weltsichten sind und dementsprechend eine Äquidistanz zu ihnen eingenommen werden dürfe/könne.
    Womit wir beim nächsten Thema wären: Fremdwörter. Dazu nur ein Rat: Für schlappe 10 Euro gibts überall Fremdwortlexika, die jedem, der lesen kann, einen Zugang zu Fremdwörtern zu finden. Was dich möglicherweise eher stört als der Griff zum Fremdwortlexikon, ist die Schwierigkeit, Begriffe zu erfassen. Da hilft einem kein Fremdwortlexikon, weil ein Begriff wie Sein oder Rechtsphilosophie eben nicht mit bloßem Abfragen geklärt werden kann, sondern nur durch langwieriges Durcharbeiten von ziemlich alten Büchern. Abgesehen davon – Fremdwörter sind von mir bisweilen als poetische Einsprengsel in Texten gedacht, durch die ich mir die dumpfe Suppe Alltag würze. Wem’s nicht passt, kann weglesen.

    Einen „Zeitpunkt, an dem ‘die Deutschen’ so wenig mitzureden hatten wie noch nie“ gab es zuletzt vielleicht in der Hochzeit des Kolonialismus, als Spanien und Portugal Weltmächte waren und Deutschland allenfalls als Lieferant für Auswanderer nach Amerika oder als besonders hässlicher Ort in den Geschichtsbüchern stand.

    Deutschland hat den mörderischsten jemals ausgetragenen Krieg angefangen, infolge dessen es von ohnehin konkurrierenden Großmächten besetzt und geteilt wurde. Was soll also an der einfachen Herleitung, dass Deutschland seine Teilung provoziert hat, so absurd sein, dass du dich derart aus dem Fenster hängst?

  22. @Nichtidentisches

    Ich kann den Unmut gut verstehen, wenn man immerzu vorgehalten bekommt, dass man doch keine Fremdwörter verwenden möge, aber zu einfach sollte man es sich auch nicht machen. Jeder ernsthafte (d.h. auf Wahrheit zielende) Diskurs setzt Selbstkritik voraus, und diese beinhaltet die Neu-, und Umformulierung des bereits Geschriebenen, auch im Sinne von Vereinfachung und Zugänglichmachung von Kritik.

    Poetische Einsprengsel halte ich in nicht literarisch ambitionierten Texten für fehl am Platz, da sie (wie Literatur generell) per se mehrdeutig sind, und daher nichts zur Klarheit des Geschriebenen beitragen, sondern gegenteilig wirken.

  23. Nichts spricht dagegen den Wahrheitsbegriff kritisch zu reflektieren. Aber was schließt Du aus Deinem Zweifel? Und wenn auf Grund des falschen Ganzen, die Wahrheit zweifelhaft wurde, dann muss das ganze Falsche wahr sein.

  24. Ah, kaum grabe ich mein bestes Beispiel für linken Dogmatismus wieder aus, sehe ich, dass hier tatsächlich noch vernünftige Antworten kamen. Danke, „Schwarza Blog“. (Onli ist nur virtuell, aber eher er als sie 😉 )

    @nichtidentisches: Was ich mit alternativ meine bestimme immer noch ich. Und da hat „Schwarza Blog“ vollkommen recht, alternativ ist bei mir nicht positiv besetzt. Es heißt nicht anderes als „auch dieses existiert“.

    Nochmal zu den Fremdwörtern, ich meine, dass oben eigentlich dargelegt zu haben: Einen Text mit Fremdwörtern zu spicken bedeutet nichts anderes, als ihn unzugänglich zu machen, im Idealfall zugunsten der Kompaktheit. In diesem Fall jedoch nur, um Inhalt vorzutäuschen, wo keiner ist. Wenn ich einen Text so unlesbar mache, dass ihn keiner mehr liest, sondern zurückschreckt und sagt „was ein kompliziertes Zeug, da steckt sicher was dahinter“, baue ich mir eine zweite Verteidigunglinie. Besonders praktisch dann, wenn, wie hier, der eigentliche Inhalt nichts als unüberlegte Grütze dogmatischer Möchtegernjudenverteidger ist, die nicht sehen, wie sie mit ihrem blinden Herumagitieren dem Ansehen „der Juden“ und Israels schaden. Blind jede differenzierte Betrachtung oder die Darstellung anderer Positionen (und sei es: typische Positionen anderer Kulturkreise als ebensolche) als Antisemitismus (das Darstellen, nicht die Positionen, die das ja durchaus sein können) zu bezeichnen schafft keine Sympathie – und keine Punkte dann, wenn es wirklich darum geht, Antisemtismus zu brandmarken.

    Zur Teilung Deutschlands: Man kann es sich natürlich einfach machen und mit dem Verweis auf die unbestreitbare Kriegsschuld die Schuld an der Teilung Deutschland zusprechen. Das ist aber nicht die Schuld, die ich meine. Ich meine nicht diesen moralischen Begriff, sondern die Verantwortlichkeit im Rahmen des Ringens der beiden Blöcke nach dem Krieg. Mir ist nicht bekannt, dass deutsche Behörden damals genug Einfluss hatten, um da irgendwie mitzuwirken. (Aber selbst wenn man es nicht so betrachtet, war ja Stalin böse und damit die Sovjetunion schuld. Schon klar.)
    Gruß

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