Solidarität mit Halloween

Die kleine F. erzählt vom Halloween-Klingeln: „Dann hat die Frau gesagt, dass Halloween aus einem anderen Land kommt und dass sie das doof findet und dass sie uns nichts geben wird. Dann hat sie und aber doch noch eine Tafel Schokolade gegeben!“

Ähnliche O-Töne kann man Bischöfen, Herzbuben und Regionalfeullietons derzeit entlocken. Heulen und Zähneklappern, der Untergang des Abendlandes, eine „unnatürliche“ Einrichtung inmitten braver deutscher Kultur (so ein Wildecker Herzbube), eine fiese Indoktrination, gesteuert von windigen Geschäftemachern… Und immer wieder „amerikanischer Schund“.

Dabei ist Halloween eigentlich wie Silvester – nur für Kinder und viel besser. Anstatt im Bettchen zu verpassen, wie Erwachsene zu nachtschlafender Zeit Schwefel, Schwarzpulver und Magnesium in die Luft ejakulieren, dürfen sich Kinder hier ganz eigenmächtig verkleiden und dem Tauschprinzip ein Schnippchen schlagen. Sie bekommen die Süßchens nicht für’s brav sein, sondern für das Nicht-Böse-Sein. Die narzisstische Umkehr der Erpresserrolle („Süßes, sonst gibt’s Saures!“) bedingt die kurzweilige Identifikation mit jenen Monstern, die normalerweise unterm Bett lauern. Das ist, funktionalistisch betrachtet, eine klasse Sache für die infantile Psychologie und allemal besser als Fasching, wo man doch nur die eingeschliffenen guten Stereotypen vom Indianer bis zum Feuerwehrmann erprobt, den Eltern zum Wohlgefallen.

11 thoughts on “Solidarität mit Halloween

  1. ich finde auch, weise worte! und als was war ich verkleidet auf der halloweenparty? als joker, *poooh*, wie langweilig, war ja klar. aber immerhin im krankenschwesterdress 🙂

  2. Ich durfte auch mal eine Hasstirade eines durchgeknallten Adventisten über mich ergehen lassen, als ich mit einem Freund vor einigen Jahren als Pirat und Gespenst Süßes abstauben wollte. Das sei satanisch, wir wüssten ja gar nicht, was wir da tun. Leider war dieser „amerikanische Schund“ damals noch nicht sonderlich bekannt und wir mussten an jeder Tür erstmal erklären, was wir da überhaupt machten, weswegen wir nach 8 Häusern aufgegeben haben.
    Das Jokerkostüm fand ich klasse, aber auf dem Nachhauseweg hab ich noch 3 andre Joker gesehen. Offenbar war dieses Jahr die Verkleidung als „Stillstand der Subjekt-Objekt-Dialektik“(http://vorstellungsrepraesentanzen.blogsport.de/2008/09/07/batman-the-dark-child-zweiter-versuch/) ziemlich angesagt.:)

  3. Naja, zornig… eigentlich gar nicht, wenn dann am ehesten auf mich selbst. Hätte schließlich wissen müssen, dass ich mir hier einen Subjekt-Objekt-Dialektik-Stillstands-Seitenhieb einhandeln kann. Joker aus bestimmten Gründen als Identitifikationsfigur auszuwählen, bedeutet aber nicht zwangsläufig das Abfeiern gegängelter Erfahrung. Kann ja auch durchaus gebrochener, z.B. selbstironisch gemeint sein.

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