Der Vorwurf der Feigheit ist ein Atavismus im modernen Kampfgeschehen

Drei Soldaten aus Deutschland sind im Zuge des antifaschistischen Militäreinsatzes der NATO in Afghanistan bei einer Attacke der Taliban getötet worden. „Hinterhältig“ (Merkel) und „feige“ (Steinmeier) wurde der Angriff auf die Truppen genannt. Diese Rethorik zeugt davon, dass vom Wesen des Krieges gegen den Terrorismus ebenso wenig begriffen wurde wie von der Struktur des Guerillakrieges im Allgemeinen. Wer Luftschläge anordnet und mit ferngesteuerten Drohnen ausgespähte Treffen von Talibanführern bombardiert, sollte nicht ernsthaft auf rührige Begriffe wie den der Feigheit seine Kritik bauen. Die Rede von der Feigheit versucht, eine Praxis des Mutes oder Heldentums zu etablieren, in der ein einzelner Mensch sich seinen Ängsten verweigert und letztlich im Zuge eines narzisstisch aufgebauten Ideals von Mut oder Heroismus sein Leben riskiert oder opfert. Feigheit und Vernunft, Kühnheit und Tollkühnheit sind Begriffspaare, die sich in der klassischen Literatur verschwisterten. Der Guerillakrieg verabschiedete sich gänzlich von Schlachthierarchien und -ordnungen – er setzte anstelle der herkömmlichen Kriegsgesetze moralische, politische Gesetze, deren Durchsetzung jedes militärische Mittel erlaube.  Hit and run war letztlich die einzige Möglichkeit, gegen eine etablierte Armee Erfolge zu erzielen. Diese Kriegsform ist hochgradig ökonomisiert: Der einzelne Krieger soll ein Maximum an militärischem Erfolg erzielen können. Gerade um das zu erreichen, wird er nicht wie in der modernen Armee als ersetzbares Material – als Soldat – verschwendet, sondern aufgewertet zum Krieger. Die Modernisierung des Guerillakrieges erfolgte stets unter dem Vorzeichen einer Retraditionalisierung des Krieges. Der Guerillakrieg ist eine synthetische Form aus modernsten Instrumenten und archaischsten Institutionen wie dem individuellen Kriegertum. Letztlich haben alle Armeen dieses Prinzip teilweise inkorporiert und in Elitetruppen und Luftwaffe professionalisiert.

Von Feigheit zu reden, heißt, die wirklich verabscheuenswürdigen Momente der Ideologie der Taliban zu verschweigen. Krieg und die darin zur Anwendung kommenden Strategien werden wie bei den Pazifisten als absolute Kategorie betrachtet. Krieg wird als Form abgelehnt und der Inhalt des spezifischen Verhältnisses nicht mehr analysiert.  Man kann es als feige betrachten, wenn eine Drohne aus dem Hinterhalt eine Riege von Talibanführern tötet. Dass so der Krieg verkürzt wird und Menschenleben geschont werden ist ein Grund, dennoch diesen Angriff zu befürworten und eine solche Taktik weiter zu professionalisieren – und sich letztlich zur Feigheit als möglicher Form der Vernunft zu bekennen. Und auf der anderen Seite: Wären die NATO-Soldaten tatsächlich mit der Absicht nach Afghanistan gekommen, alle Muslime zu töten, wie das die Propaganda der Islamisten bisweilen behauptet, so wäre es überaus legitim und antifaschistisch von den Taliban, einen Angriff wie den jüngsten durchzuführen. Die Parteispitzen Deutschlands haben in ihrer jüngsten Verurteilung der Mittel der Kriegsführung einen Fauxpas begangen – sie verurteilten eine konkrete Kriegstaktik, die NATO-Truppen im Prinzip selbst anwenden. Sie haben es dadurch versäumt, auf die wahnhafte Ideologie zu verweisen, die Leben nur als Krieg gegen Ungläubige und Frauen denken kann. Letztlich knüpfen sie an eine ungute deutsche ideologische Tradition an, dass der seinem Wesen nach unbesiegbare deutsche Soldat nämlich nur durch Verrat oder Hinterhalt besiegt werden könne. „Feigheit“ zu unterstellen bedeutet letztlich zuzugeben, dass man die Soldaten dort auf einen „fairen“ Kampf, eine Art Fußballturnier mit Schiedrichtern und nicht auf einen Guerillakrieg mit entsprechenden Methoden und zu erwartenden Todesfällen vorbereitet hat. Dieser eklatante Mangel an Ernsthaftigkeit gefährdet das Leben von jungen Menschen, die viel lieber Karten spielen und Bier trinken würden, als in Afghanistan trotz aller mitgeschleppten Bewaffnung Todesangst durchzustehen.

Ethnologisches zum Sudan

Der Südsudan war vor der vom Westen geduldeten Verwüstung Darfurs Schlachtfeld der ersten zentralen militärischen Auseinandersetzung des islamistischen Sudans mit seinen selbstgewählten Gegnern. Fritz W. Kramer, ein sich durch Integrität und kritisches Denken auszeichnender Ethnologe, liefert in seinem Aufsatz „Krieg in den Nubabergen – Über Loyalität, Religion und Gewalt“ eine kompakte Beschreibung der ideologischen, militärischen, kulturellen und geographischen Faktoren dieses Krieges.

Als solche benennt Kramer den Sturz des äthiopischen Mengistu-Regimes, das  durch seine Kampagne  „Roter Terror“ bekannt geworden war, und die im Gefolge des Militär-Putsches im Sudan erstarkte National Islamic Front. Nach dem Durchmarsch islamistischer Ideologie in der vormals eher säkularistische Armee wurde der Djihad ausgerufen. Kramer benennt die Identifizierung von Staatsfeinden und Apostaten als zentrales Ideologem der Islamisten. Durch die Aufhebung jeglicher Trennung von Staat und Religion konnte eine Synthese aller Widersprüche in diesem Staat und an seinen Rändern gebildet werden, was sich wie ein Modell für alle islamistischen Regionen ausnimmt. Es galten „…alle Rebellen als Ungläubige und alle Ungläubigen als Rebellen…“.

Für den Erfolg dieser Doktrin differenziert Kramer zwischen materialistischen Interessen, etwa der Bestechung und Erpressung von lokalen Autoritäten, der Initiative von Verwaltungsorganen bei der Ausrufung des Djihad, der Integration der iranischen Märtyrer-Kriegsführung in die sudanesische Armee und deren Säuberung von säkularistischen Elementen, sowie letztlich auch das gegen die schwarzen Gruppen gerichteten rassistische Ressentiment, das auf einer jahrhundertealten Sklavenhaltermentalität fusst.

Um Schwarze zu versklaven, schufen die islamischen Herrscher des Sudan ein Distinktions-Regime, innerhalb dessen Schwarze zum Einen gezielt nicht missioniert wurden, um ihre Versklavung nach islamischem Recht weiterbetreiben zu können. Gleichzeitig wurden sie als rückständige und abergläubische „Heiden“ und „Ungläubige“ stigmatisiert. Die starke und offensichtliche Vermischung mit der schwarzen Bevölkerung wurde durch eine Verweigerung jeglicher Bedeutung für eingeheiratete schwarze Frauen verleugnet und so eine hierarchische Dichotomie von vorgeblich reinen Arabern und ungläubigen Schwarzen erzeugt.

Bis zum Waffenstillstand mit der SPLA, der 2005 in einen Friedensvertrag umgewandelt wurde, richtete dieser islamistische Djihad systematisch Massaker an, praktizierte Zwangsrekrutierungen und vollzog die Internierung von Zehntausenden von Zivilisten in „Islamisierungslager“ (unabhängig von der tatsächlichen Konfession) –  zur Beseitigung der ökonomischen und militärischen Basis der Guerilla und als ständige Ressource für (Zwangs-) Konkubinate.

Wer die aktuellen Vorgänge im Sudan und dessen Teilhabe an der internationalen islamistischen Bewegung wie auch dem genozidalen Terror der inzwischen kaum noch überschaubaren Vielzahl von Rackets gegen die Menschen in Darfur überblicken will, dem seien als möglicher Ausgangspunkt die Aufsätze Kramers zum Südsudan in den „Schriften zur Ethnologie“ wärmstens empfohlen.

Literaturangabe:

Fritz W. Kramer: „Schriften zur Ethnologie“. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag. 2005. 418 Seiten.

Piratenjagd statt Militärhilfe – zynisches Abschreiben Somalias

Europas Interesse an der Pirateriebekämpfung in Somalia deckt sich derzeit auffallend mit dem der islamistischen Milizen. Nachdem man bislang durch Nichtstun kollaborierte und daher der äthiopischen Armee den Sieg über die islamistischen Milizen wieder aus den Händen schlug, hat man derzeit nichts wichtigeres im Sinn als die Verfolgung von Piraten. Diese rücken deshalb in das öffentliche Interesse, weil sie wichtige Handelswege penetrieren – vom Big Business der illegalen Fischfangflotten vor Somalias Küsten ganz zu schweigen.  Dafür wird dann flugs investiert und die Entsendung von mehr als 1000 deutschen Soldaten angedacht.

Die Millionen Menschen, die in Somalia wieder unter dem Joch der Islamisten Betzwang, Drogenverbot und dem willkürlichen Terror der Rackets ausgesetzt sind, interessieren Europa ebenso wenig wie  die Drohung der Jihadisten, alle westliche Gesinnten auszurotten. Der Jihad in Somalia ist kein lokaler Konflikt in einem am Boden zerstörten Land. Er ist nur eine Front des jihadistischen Weltkrieges gegen  Juden, Individualismus und Frauen, der in Indien, Pakistan, Indonesien,  Nigeria, Afghanistan, Irak und Israel makabre Blutorgien feiert. Vor diesem Hintergrund sind die engstirnigen Überlegungen über Afghanistans Zukunft von Obama bis zur Linkspartei reine Farce – denn anscheinend hat man gerade nichts besseres zu tun, als einen neuen Fluchthafen für jene Jihadisten zu erschaffen, die man aus Afghanistan und Pakistan halbherzig zu vertreiben sucht.

Im Exorzismus an den Piraten versucht Europa im Konzert mit den Autokratien Russland und China jenen störenden Makel auszuwischen, der durch die rein ökonomischen Auswirkungen des Elends in Somalia entsteht. Der Druck der Piraten, die unter dem Zwang des Marktvakuums eine kontraproduktive, aber effektive Form der selbstorganisierten Entwicklungshilfe praktizieren, ist offenbar ein dringenderes Problem für Europa als die Siege der islamistischen Milizen, die mittlerweile vor Mogadischu stehen. Wen kümmern schon Steinigung, Zwangsehen, Genitalverstümmelung. Das bringt keine Einschaltquoten. Anders eine Flugzeugentführung von vor 30 Jahren:  7,34 Millionen Deutsche sahen das Dokutainmentprodukt „Mogadischu“ am 1.12.2008, während Mogadischu eine Geisterstadt ist, weil der Ansturm der Islamisten bevorsteht. Das von diesen produzierte Elend wird man wie im Sudan mit einem tränenumflorten Blick als Bussiness as usual akzeptieren. Treuäugig verweist man in Europa in der Weihnachtszeit auf das ewige Schlechte im Menschen, betet in Kirchen weihevolle Litaneien für die Wiederkunft Gottes und Frieden auf Erden, während man es sich als Pazifismus anrechnet, keine Soldaten in solche Regionen zu senden.

Literaturtip:

Machtkampf um Tanker „Sirius Star“: Somalias Islamisten gegen Piraten. In: tageszeitung 24.11.2008.

Mädchen gesteinigt.“ Berliner Zeitung, Frank Räther: 11.11.2008.

Bisherige Beiträge zum Thema auf „Nichtidentisches“:

Somalia – Islamisten rücken auf Mogadischu vor

Somalia hat Chancen

Islamisten fliehen aus Somalia

„The Mog“ is free

Äthiopien befreit Somalia

Somalia-Zahl der AU-Soldaten immer noch weit unter 8000

Somalia – Islamisten rücken auf Mogadischu vor

Die Unfähigkeit der UN und der EU sorgt dafür, dass die Islamisten der IUC Geländegewinne verzeichnen können und nun auf Mogadischu vorrücken. Unterstützt werden sie von Eritrea und aus anderen Quellen. Die AU-Mission AMISOM ist offensichtlich gescheitert, von 8000 versprochenen Soldaten hat lediglich Uganda etwa 1600 Soldaten geschickt, die sich zudem eher Aufbauarbeit und Ausbildung als auf militärisches Engagement konzentrieren sollen. Burundi verzögerte erfolgreich die Entsendung von 2000 Soldaten, lediglich 192 sind davon bislang in Somalia.

Das übliche Paradoxon bei solchen Missionen lautet: Je heftiger die Kämpfe und je instabiler die Region  desto unwahrscheinlicher ein konsequentes Eingreifen der Hilfstruppen. Dazu kommt, dass die derzeit geplante AU-Mission in Darfur als Konkurrenz zu AMISOM betrachtet wird. Die finanzielle und logistische Unterstützung der EU lässt ohnehin auf sich warten und tröpfelt nur spärlich im ein- bis zweistelligen Millionenbereich – die Kosten einer mittleren Umgehungsstraße im badischen Hinterland oder der Wert eines Weinkellers einer deutschen Landesregierung.

Im Mai hatte die UNO noch eine Blauhelm-Mission in Aussicht gestellt, die aber wie für UN-Missionen üblich keinerlei Risiko eingehen will: «Wenn die Sicherheitsbedingungen und der politische Prozess stimmen, werden wir eine Friedensmission ins Auge fassen». Die UN-übliche Unterscheidung von Peace-Keeping und Peace-Making spricht schon Bände. Letztlich bleibt es wie im Falle des Iraks oder in Ruanda  unzuverlässigen und spontanen Bündnissen überlassen, die Situation zu ändern.

Die Junge Welt sympathisiert natürlich mit den Islamisten, die sie als „bewaffnete Opposition“ ehrt und als Opfer von „Verteufelung“ durch die USA sieht. Während äthiopische Truppen angeblich „ganze Stadtteile in Trümmer“ schießen, zerstören UIC und Al-Shahaab lediglich Verwaltungsgebäude und Polizeistationen und befreien Gefängnisinsassen. Im nächsten Atemzug wird aber schon wieder bewundernd von der „funktionierenden Verwaltung“ in Kismayo geschrieben – womit vermutlich die Scharia-Gerichte gemeint sind. Weil es laut Koran „keinen Zwang in der Religion“ gibt, werden die Bewohner der besetzten Gebiete zum fünfmal täglichen Gebet verpflichtet, das Kauen der Droge Khat wird verboten, wer noch immer christlich ist, läuft Gefahr, ermordet zu werden. Für die Frauen ändert sich wenig, da die traditionellen Regeln ohnehin kaum zu überbieten sind – 95 Prozent der Frauen in Somalia wurden durch Genitalverstümmelung traumatisiert.

Bisherige Beiträge zum Thema:

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Deutschland, die UN und das Horn von Afrika

Die UN zieht sich derzeit endgültig aus der Zone zwischen Eritrea und Äthiopien zurück. Zwei gleichermaßen unsympathische Staaten, die in Sachen Pressefreiheit und Menschenrechte auf den letzten Plätzen rangieren, sind damit auf dem Sprung, ihren alten Konflikt wieder kriegerisch auszutragen. Auch wenn Eritrea den letzten Krieg sowohl verursachte als auch verlor, wurde ihm im Wesentlichen genau jenes Land zugesprochen, das es annektieren wollte. Äthiopien akzeptierte diese oktroyierte „Konflikt-Lösung“ durch die UN-Grenzkommission nicht und seither sorgte UNMEE vor Ort für Spott und Häme. Eritrea, das sich militärisch in einer schwächeren Position befindet als Äthiopien, übt sich auf einmal in Kritik am Abzug, den es durch seine boykottierende Haltung maßgeblich auslöste.

Im benachbarten Somalia tobt indes der Stellvertreterkonflikt zwischen den von Eritrea und Al-Qaida mitfinanzierten Islamisten und den mit der Übergangsregierung verbündeten äthiopischen Truppen. Die von der African Union versprochenen 8000 AU-Soldaten sind immer noch nicht angekommen, die Hauptlast der wieder erfolgreichen islamistischen Aggressionen tragen derzeit 1300 AU-Soldaten aus Uganda und die äthiopische Armee. Allein in Mogadishu werden dagegen etwa 3000 islamistische Kämpfer vermutet. Die Chance, Somalia nach der äthiopischen Intervention und der vorübergehenden Zerschlagung der islamistischen Verbände zu einen und zu stärken, wurde einem Experiment geopfert: regionales Konfliktmanagement sollte der AU die Gelegenheit bieten, sich als starke Regionalmacht zu präsentieren. Bei dieser Rechnung wurde allerdings der desolate Zustand der afrikanischen Armeen, ihrer Verwaltung und der Regierungen als vernachlässigbarer Faktor benannt: Die Opfer dieser zynischen Rechnung sind jene Somalis, die in Somalia, Somaliland und Puntland auf stabile, friedliche und halbwegs freie Verhältnisse hoffen. Sie erfahren erneut den Unwillen und die Unfähigkeit der UN, mit vergleichsweise wenigen militärischen Mitteln selbst bei einer größtmöglichen Chance, wie sie sich nach der äthiopischen Intervention bot, irgend etwas Positives zu bewirken. Der AU geht mittlerweile auf, dass sie durch die UN nach Strich und Faden betrogen wurde. So sagte der südafrikanische UN-Botschafter jüngst laut BBC: „[…] the AU is doing a job that the UN is supposed to be doing.“ Und selbst das ist noch gelogen, bestehen die AU-Truppen doch bislang lediglich aus 1300 ugandischen Soldaten, während Südafrikas Regierung sich nach Kräften bemüht, im benachbarten Simbabwe die Todesschwadronen Mugabes gewähren zu lassen und sogar zu bewaffnen.

Am Horn von Afrika werden indes von Oxfam 13 Millionen Menschen als mögliche Todesopfer einer aufziehenden Hungerkatastrophe ausgemacht: Eine Dürre plagt die Region während in Südafrikas Häfen 80 000 Tonnen Nahrungsmittel verrotten, weil – anders als deutsche Freizeitargonauten – kein vernünftiger Kapitän mehr sein Schiff durch die von Piraten besetzten Gewässer Somalias fahren will. Die vor der Küste stationierte deutsche Marine hat anscheinend kein Mandat, Piraterie zu bekämpfen. Das ist laut Amigues/Bishops vor allem der innerdeutschen CDU-Politik geschuldet. Während in Afghanistan deutsche Soldaten durchaus Polizeiaufgaben übernehmen, will die CDU durch die Verweigerung der Zustimmung zu einem solchen verfassungsrechtlich bereits prinzipiell möglichen Vorgehens am Horn von Afrika die SPD dazu erpressen, die Trennung von Bundeswehr und Polizei endgültig aufzuheben. Weil bei den derzeit der Bundeswehr zugeordneten Auslandseinsätzen in Guerillakriegen logischerweise keine klare Trennung von militärischer Aktion und Polizeiarbeit vorzunehmen ist, wäre die Forderung nach einer Neuregelung bei Auslandseinsätzen durchaus nachvollziehbar. Diese Rationalität wird allerdings von der CDU nur zu offensichtlich instrumentalisiert, um dem notorischen Faschisierungskurs der Partei als Profilwetzstein zu dienen. Jede weitere Auflösung der Trennung von Polizei und Bundeswehr ist somit Wasser auf die Mühlen der ewigen Scharfmacher und „tough guys“ innerhalb der CDU/CSU. Die Konsequenz daraus wäre, einem demokratischeren Staat, bei dem man nicht bei einem humanitären und somit in Somalia eben militärischen Einsatz gegen islamistische Guerillas den Verfall von demokratischen Institutionen und den Ausbruch des Faschismus im eigenen Land befürchten müsste, die Befehls-Obhut über eine so diffizile Konfliktregion zu überantworten und Deutschland nur noch entsprechend zur Kasse zu bitten. Dem allerdings steht die Kolonialmacht-Attitüde der Bundeswehr entgegen, die jede Präsenz im Ausland als Siegestrophäe über die in Jugoslawien erstmals offen und lautstark in aller Widerwärtigkeit gebrochene deutsche Verteidigungsdoktrin braucht.

Die EU beruhigt ihr Gewissen mit lauwarmen Geldgeschenken: Satte 21 Millionen Euro, etwa der Preis von wenigen Kilometern Autobahn, schickt sie mit zweifelhaften Vorgaben auf den Weg nach Somalia und Eritrea. Das ist jedoch allemal billiger, als ein Militäreinsatz, der Somalia endgültig von den islamistischen Guerillas und den kriminellen Banden befreien würde, die Produkt und Ursache des derzeitigen Zustandes zugleich sind. Erfahrungsgemäß wird solcherlei nicht militärisch geschütztes Kapital über die zahllosen Straßensperren und Schutzgelderpressungen in die Kassen der Milizen fließen. Den Militäreinsatz gegen solcherlei über Hilfslieferungen finanzierte Guerillas überlässt man getrost der notorisch bankrotten AU und den USA, die dann für die gelegentlichen zivilen Opfer von Luftangriffen mit allen Zeigefingern angeprangert werden können, während man selbst die Hände im Blut der Opfer der Nichteinmischung wäscht.