„Rambo zeigt sein Gesicht“ prollt es vom Fronttransparent der S21-GegnerInnen und von der taz-Titelseite. Im Fernsehen zeigen gealterte ErstdemonstrantInnen ihre Freude darüber, Mappus als „Rambo“ identifizieren zu können: „Des isch ein Rämbo, ein Rämbo isch des!“
Das Glückgefühl, das unheimliche Bedrohliche in einem Wort gebannt zu sehen, ersetzt den DemonstrantInnen jede weitere Denkarbeit. Rambo, das ist das Böse, das Feindliche, die Aggression, die sie selbst nur mühsam ihm Zaum halten, der Amerikaner – Gegen Rambo sein heißt gut sein. Fern der diskutablen Qualität ihrer Anliegen muss den StuttgarterInnen Stupidität konstatiert werden. Wären sie Revolutionäre, John J. Rambo wäre ihr Idol, nicht ihr Feindbild. Er, der langhaarige Hippie, wird schließlich in „First Blood“ von Polizisten gefoltert und probt dagegen den Aufstand, indem er einer spießigen amerikanischen Kleinstadt die Quittung für ihre xenophobe Beschränktheit präsentiert. In „First Blood II“ sieht er sich mit einem Komplott der Regierung konfrontiert, gegen das er obsiegt. In „Rambo III“ ist es ein folternder Sowjet-Offizier, den er in Afghanistan herausfordert. In „John Rambo“ zerlegt ein gealterter Haudegen die Infanterie der burmesischen Todesschwadronen und bringt den Rebellen Waffen. In jedem Film finden sich Matritzen des Machtmissbrauchs, keine wird von John J. Rambo vertreten, alle von ihm angegriffen. Das muss zumindest ein Teil der Demonstrierenden wissen – es liegt daher nahe, dass sie sich schon unbewusst mit dem Prinzip identifizieren, gegen das John J. Rambo antritt. Sie hausieren mit ihrem Konformismus, und dieses Hausieren wird nur verstärkt durch das Missverhältnis von Aufwand und Gegenstand.
Während die Streiks in Frankreich als „Chaos“ denunziert werden – sie sind mehr als alles andere die geordnete Organisation der Bürger – gehen die Kleinbürger im benachbarten Landstrich gegen einen Bahnhofs-Neubau auf die Straße. Der Satiriker Harald Schmidt spießte präzise aus, was er am Protest verachtenswert findet: Dass diese Leute stolz darauf sind, zum ersten Mal in ihrem Leben demonstrieren zu gehen. Sie tolerieren, dass Ghaddafi Milliarden für die Flüchtlingsbeseitigung zugeschoben bekommt. Sie dulden oder befördern Abschiebungen. Die Rente mit 67 wird geschluckt, ebenso alle milliardenschweren und sinnlosen Subventionen für Zuckerrüben, Mais, Weinbau, Viehzucht und sonstiges Agrobusiness, das die afrikanische Landwirtschaft in den Ruin treibt. In Baden-Württemberg bekommt jedes Schlafzimmer seine Umgehungsstraße und ein eigenes Gewerbegebiet mit Autobahnzubringer, Atomkraftwerk und Flughafen – im Zweifelsfall auch gerne im Hochmoor. Wenn im niedersächsischen Gorleben oder in der Asse Milliarden beerdigt werden für den schwäbisch-badischen Atommüll, demonstriert nur ein winziger Bruchteil der StuttgarterInnen. Sie haben die Relationen aus den Augen verloren – ihre dümmliche Identifizierung von John J. Rambo und Mappus ist nur ein weiterer Ausdruck dessen.
Siehe auch:
„Rambology – mit John J. Rambo durch die Dialektik der Aufklärung“
„Dass diese Leute stolz darauf sind, zum ersten Mal in ihrem Leben demonstrieren zu gehen. Sie tolerieren, dass Ghaddafi Milliarden für die Flüchtlingsbeseitigung zugeschoben bekommt. Sie dulden oder befördern Abschiebungen. Die Rente mit 67 wird geschluckt, ebenso alle milliardenschweren und sinnlosen Subventionen für Zuckerrüben, Mais, Weinbau, Viehzucht und sonstiges Agrobusiness, das die afrikanische Landwirtschaft in den Ruin treibt. In Baden-Württemberg bekommt jedes Schlafzimmer seine Umgehungsstraße und ein eigenes Gewerbegebiet mit Autobahnzubringer, Atomkraftwerk und Flughafen – im Zweifelsfall auch gerne im Hochmoor.“
Das ekelhafte daran ist, dass die Stuttgarter selbst CDU gewählt haben, denn in der Krise ruft man in konservativen Kreisen bekanntlich den autoritären Staat an. Wenn sich die Autorität dann mal zufällig gegen einen selbst wendet, ist die Empörung groß. Darüber hinaus finde ich allerdings, dass deine Kritik an der Rambo-Invektive etwas hinkt. Sie ist fernab einer reflektierten Auseinandersetzung mit dem Charakter Rambo, ok. Aber worauf die Kritik abzielt ist doch die Wahl von (Polizei-)Gewalt als Mittel zur Lösung von Konflikten, Konflikte die anders als in der Rambo-story eben durchaus auch im demokratischen Dialog lösbar wären. Wobei soweit ich weiß Mappus eine unmittelbare Verantwortlichkeit für den kompromisslosen Charakter des Polizeieinsatzes bisher bestritten hat.
an dieser Stelle einmal – danke – für die anderen Rambo Artikel!
In der Rambo-Story wäre einiges im demokratischen Dialog klärbar. Danke für die Kommentare.
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echt? ich mein, ist ja eigentlich auch relativ banane, bzw. eine scholastische frage. aber nur mal so aus interesse: wo wäre denn da zumindest an den grundzügen der story was demokratisch zu klären gewesen? im ersten teil sucht rambo mehrfach den dialog mit den cops und wird dafür gejagt und beschossen. im zweiten teil hätte man wohl kaum die gefangenen im demokratischen dialog mit dem vietcong frei bekommen. die anderen beiden teile krieg ich nicht mehr so ganz zusammen…
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Hi, starker Text.
Ich hab mir mal erlaubt, diesen zu zitieren und in meinem Beitrag zu verlinken.
http://antiregierung.wordpress.com/2010/11/17/einen-pudding-an-die-wand-nageln/
Beste Grüße
Hermanitou
Also, mal abseits der Absurdität, dass man in einem Land in dem es weiß Gott etliches wichtigeres gäbe, wogegen man auf die Straße gehen müsste, ausgerechnet für einen belanglosen Bahnhof-Altbau demonstriert, ist die „Rambo“-Kritik in diesem Artikel meines Erachtens ziemlich daneben. „Rambo“ steht – ob nun zu Recht oder Unrecht – im allgemeinen Sprachgebrauch synonym für brutale, unbesonnene Gewaltanwendung… man spricht gemeinhin von „Rambo-Methoden“ oder „Rambo-Mentalität“, wenn jemand einfach unreflektiert „drauf haut“ ohne nachzudenken.
Mag ja sein, dass das an der Filmfigur „Rambo“ und ihren tieferen, hehren Intentionen vorbei geht – aber ich glaube kaum, dass irgendjemand Mappus als „Rambo“ bezeichnet, und damit jemanden bezeichnen möchte, der sich mit Gewalt gegen Machtmissbrauch o.ä. wehrt… das ist wirklich absurd.
Gerade dieser „allgemeine Sprachgebrauch“, dessen draufhauen auf (noch dazu, wie es oben steht, wäre man revolutionär eben falsche) Feindbilder wird doch hier angegriffen. Und sowas von zurecht. Wie früher das stete Insistieren darauf, dass Bush „ein Cowboy“ sei, und ein „typischer Texaner“, so nichts über Bush sagte, aber alles über seine Kritiker, die sich gerne alle als unterdrückte Indianer imaginieren, so muss hier halt der „Rambo“ herhalten, entkleidet von allem was ihn als Filmfigur ausmacht, als gewalttätiger Macher und Unterdrücker, als Machtmensch (welch absurde Verdrehung), und das letztlich, weil Rambo eben hier (wie der Cowboy) mit dem amerikanischen Mainstream identifiziert wird. Das etwas allgemeiner Sprachgebrauch ist, heißt nunmal nicht, dass es nicht trotzdem quatsch ist, bzw. dass das Gesagte eben nicht doch einiges über die Sprechenden aussagt…
Ob allerdings die Identifikation der Macht mit Rambo ausreicht, um den Demonstrierenden zu unterstellen, es drücke sich darin ein „Hausieren mit dem Konformismus“ aus, ließe sich losgelöst von allen anderen Zielen der Demonstranten wohl bestreiten. Vielleicht ist Rambo aus oben genannten gründen tatsächlich einfach dumm-negativ konnotiert. Allerdings wurde/wird in Stuttgart doch nun wirklich regelmäßig darauf insistiert, dass man eben der bessere Teil des Staatsvolks sei, jener, der wirklich wisse was für Nation & Standort gut ist.
Ich muss zugeben, nicht gerade ein intimer Kenner der Materie „Rambo“ zu sein. Aber soviel ich weiß, wurde die Figur „Rambo“ doch im Zuge der Fortsetzungsfilme zunehmend brutalisiert und ihr gewalttätiges Handeln „sinnentleert“. Dies geht auch aus allen Filmrezensionen z.B. zu Rambo III etc. hervor…
So schreibt auch das Fachlexixon „Lexikon des internationalen Films“:
„Der große Erfolg des Films machte Hauptdarsteller Stallone zum Massenidol. Es folgten mehrere Fortsetzungsfilme, in denen ‚Rambo‘ als brutaler Law-and-Order-Mann zur Comic-Figur degenerierte.“
Ähnliche Einschätzungen finden sich auch in zahlreichen anderen cineatischen Fachmagazinen.
Ein „brutaler Law-and-order-Mann“ – das klingt für mich nun aber nicht gerade nach „Held“. Jedenfalls nicht in meiner Welt! Kann hier mal jemand erklären, warum die comic-artige Karikatur eines „brutalen Law-and-order-Mannes“ a) als „Held“ ausgerechnet für „Revolutionäre“ taugen soll, und b) nicht von einzelnen DemonstrantInnen als Vergleich für eine Landesregierung verwendet werden sollte, die mit einem brutalen Law-and-order-Einsatz gegen gewaltfrei demonstrierende BürgerInnen vorgegangen ist?
Und warum „Rambo“, was im Japanischen „ungezügelte Gewalt“ bedeutet, nicht als Bezeichnung für einen solchen, ungezügelt-gewalttätigen Polizeieinsatz verwendet werden sollte?
Mal davon abgesehen, dass ein Transparent bei einer Demo üblicherweise von vielleicht 1, 2 Leuten gestaltet wird… wie kann man das also hier mal eben schnell SÄMTLICHEN DemonstrantInnen kollektiv zurechnen? Haben ALLE DemonstrantInnen Transparente mit dem „Rambo“-Spruch mitgeführt? Oder vielleicht doch nur ein paar wenige unter tausenden?
Fragen über Fragen…
„Law and order“ setzt Mr. John J. bestimmt nicht durch, er arbeitet ja stets im Niemandsland der Widersprüche zwischen Staat und Diktatur.
Das war das Fronttransparent. Wurde in der taz auf die Titelseite geholt. Demnach einigermaßen repräsentativ. Außerdem gab es einen in Interviews durchscheinenden Konsens über Mappus als „Rambo“.
Da du Rezensionen und falsche Lexikoneinträge zitierst: Einfach mal den Film sehen. Oder die oben verlinkte Analyse lesen.
Tx mal wieder an Cyrano für die Vertretung.
RedZack, was deine Idee von Rambo als Figur angeht, sitzt du eben der umgangssprachlichen Benutzung auf, der auch die Leute aufsitzen, die autoritäre Politik als Rambomethoden bezeichnen. Das überrascht auch nicht weiter, und da ich bevor ich mich aufgrund der für mich sehr überraschenden Texte zu den Rambo-Filmen auf diesem Blog ein wenig mehr informiert habe, hatte auch ich bei Rambo das Prototypische Bild des bösen Soldaten im Kopf, dem um die Ziele der Macht für die er kämpft zu erreichen jedes Mittel recht ist. Wie ich schon oben sagte würde ich also niemandem vorwerfen, mit Rambo „das falsche“ zu assoziieren, zumindest in Europa, so ich das überblicken kann, als auch, wenn es stimmt dass sich ein japanisches Wort für „brutal“ von Rambo ableitet, eben in Japan, scheint sich diese Bedeutung von rambo durchgesetzt zu haben. Zweierlich stößt dabei auf: 1) es könnte eben Gründe geben, dass Rambo sich als brutaler loyaler Soldat (und nicht zu vergessen, wenn die Metapher weltpolitisch zum Einsatz kommt, amerikanischer Soldat), sich ins kollektive Gedächtnis eingegraben hat, und nicht als jeman der s.o. „im Niemandsland der Widersprüche zwischen Staat und Diktatur“ arbeitet, und 2) es ist nunmal zumindest ungeschickt, die Hintergründe der Figur, die einer Fronttranspi schmückt, nicht zu durchleuchten.
Ich wage allerdings zu bezweifeln, dass „Rambo“ auf dem Frontranspi soviel Bedeutung zugemessen wurde, dass die Benutzung des Namens die Mühe wertgewesen wäre, sich mit dem Charakter auseinanderzusetzen. Woran stört ihr euch dann überhaupt, fragst du jetzt vielleicht. Aber das problem liegt tatsächlich genau dort. „Rambo“ ist ein Symptom, fälschlicherweise, voraussgesetzt deine Lesart der Bedeutung von Rambo auf dem Transparent ist richtig, wird die Staatsmacht mit dem absoluten Bösen, der ungezügelten Brutalität, die sich in Rambo personifizieren soll, identifiziert, während die Demonstranten sich in einer Weise als Unterdrückte isnzenieren können, die das kritische Denken ausfallen lässt. Und dafür müssen auch nicht alle Demonstranten ein Rambo – Transparent hochhalten. Dass die Demonstranten sich mit der Symbolik identifizieren lässt sich doch aufgrund zahlreicher Verlautbarungen kaum bestreiten.
…
„Das Glückgefühl, das unheimliche Bedrohliche in einem Wort gebannt zu sehen, ersetzt den DemonstrantInnen jede weitere Denkarbeit. Rambo, das ist das Böse, das Feindliche, die Aggression, die sie selbst nur mühsam ihm Zaum halten, der Amerikaner – Gegen Rambo sein heißt gut sein.“
So steht es bereits im Artikel (diese Zeilen verweisen über Rambo hinaus auf die Denkfigur, die hinter solcher, für Bewegungspolitik typischer, Personifikation des Bösen im Bild des Gegners, steht) und dein Insistieren darauf, dass die Demonstranten eben nicht wussten, dass das Symbol falsch gewählt war (hätten sie doch mal den Cowboy genommen, das ist, zumindest wenn man sich mit der Geschichte des amerikanischen Westens nicht auskennt, doch eindeutig genug), ändert daran wenig. Es geht darum, dass der Gegner mit einem Bild belegt wird, dessen einziger Zweck ist, die eigene Güte herauszustreichen.
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„This film is dedicated to the gallant people of Afghanistan“
Ich weiß ja nicht, ob Rambo wirklich so gut als Identifikationsfigur funktioniert. Gerade wenn ich mir den großartigen Rambo 3 angucke („Was ist das? – Eine blaue Lampe. – Was macht sie? – Sie leuchtet blau.“), sehe ich den Rambo-„Linken“ mit Verve die Mudschahiddin, was in Afghanistan pi mal Daumen die Vorläufer der Taliban sind, in ihrem Kampf gegen die Sowjets unterstützen.
Vielleicht beschreibt die Rambo-Figur ganz gut den Durchschnittslinken, der heutzutage gerne die unterdrückten Taliban gegen die US-Aggressoren beschützen will…
Das ist etwas Unfug, da Rambo vor allem in eigener Sache aktiv ist, um Trautman zu retten. Besides ist zu dem Zeitpunkt durchaus denkbar die Präsenz in Gebieten, die später der „Nordallianz“ zugerechnet wurden – die gegen die Taliban kämpften.
Innerhalb des Films wird keinerlei Sympathie für den Islam genommen, eher Skepsis. So wirklich warm wird Rambo nicht mit jenen. Der Einsatz der Gewalt ist klar umrissen – und in der Retrospektive die Art und Weise dieses Krieges, wie er von der SU geführt wurde und wie er sich deutlich von der heutigen Konstellation unterscheidet.