Youssef Rakha – wenn die Hamas Krieg führt, blühen die Antisemiten auf

Vor Jahren hatte ich einmal den Auftrag, das Buch „Arab Porn“ für die Jungle World zu rezensieren. Leider habe ich damals zu wenig über den Autor gefunden. 2014 schrieb er:


“Genocide is a necessary condition if not of Zionism, then of the post-Zionist stance that best describes the current, neither-one-nor-two-state-solution status quo.”

Und er fügt hinsichtlich des Krieges der Hamas gegen Israel in einer Rundmail hinzu:


„But even so I would not have dreamed of what I’ve seen since October 7. I might have dreamed of the ghoulishness of the IDF: insatiable blood thirst, infanticide, impunity. I might have dreamed of the West turning a blind eye: hypocrisy and historical guilt as well as indifference to non-Western suffering. I might have dreamed of silence. But I couldn’t have dreamed of so many “free world” leaders not only giving the go-ahead, openly funding, arming and egging on genocide but also, while the killing unfolds in real time, expressing such post-truth solidarity with the killers. Even vetoing the attempt to give survivors occasional respite.“

„The only thing I really want to say is that Ursula von der Leyen is “Hamas”. Bibi, Biden, Sunak, fucking Zelensky—the governments of France and of Germany are all “Hamas”. If to the Western mind Hamas denotes savagery and lack of respect for human life, all those parties have demonstrated a truly, a literally incredible capacity for that.“

Die Hamas hat mit ihrem Pogrom auf solche Reaktionen gerechnet. Youssef Rakha versteht sich als säkular, ebenso wie die Ex-Porno-Actrice Mia Khalifa würde ihn in Gaza die Hinrichtung durch die Djihadidsten der Hamas erwarten. Die Identifikation findet ethnisiert über real leidende arabische Kinder statt und man wähnt sich trotz der kulturellen und geographischen Distanz als angegriffenes Kollektiv. So kann die Täter-Opfer-Verkehrung wirken und jede Empathie zu den jüdischen Opfern des Terrors abgetötet werden in einer Bricolage aus lustvoll geglaubten Propagandaschnipseln. Für solcherlei manipulierte und selbst manipulierende Menschen ist eine rationale Empfehlung an Juden, wie diese mit dem Terror umgehen sollen, undenkbar. Israel ist schuld durch seine Existenz und es soll nicht existieren, darauf laufen die Forderungen hinaus.

Die Groteskheit der Vorwürfe – ein Genozid – projiziert die eigene Lust am genozidalen Massaker, das die Hamas in Israel anrichtete. Diese Identifikation mit den Tätern und die folgende Projektion von Schuldanteilen auf die Opfer, die Juden, ist nicht mehr zu brechen, solange Berichterstattung die Formengleichheit aufzwingt und dadurch die Ursachengleichheit insinuiert.

Ein totes Kind ist ein totes Kind – in dieser Gleichung kann die Ursächlichkeit geleugnet werden und dadurch jede Verantwortung abgegeben. Dass das Krankenhaus in Gaza allen Indizien zufolge von einer fehlgeleiteten Rakete des islamischen Jihads getroffen wurde, ist dann unerheblich, weil die Ursächlichkeit ohnehin nicht einer rationalen Urteilsfindung unterliegt, sondern auf die Schuld „der Juden“ fixiert ist. In dieser Logik ist Israel auch dann schuld, wenn es eine Rakete des Islamischen Jihads war, denn der Islamische Jihad ist wie auch der ganze Konflikt die Schuld Israels. Und dessen Schuld besteht darin, existieren zu wollen.

Eine rationale Diskussion über die Reaktion der IDF ist demnach gar nicht zu erwarten. Dabei gäbe es auch einiges zu diskutieren.

Die IDF hat sich in den ersten Tagen offenbar von der im internationalen Vergleich einzigartigen „knock-on-roof“-Taktiken verabschiedet, gefährdete mit den sicherlich nicht mehr chirurgisch-präzise zu nennenden Luftschlägen auf Wohngebäude und andere Ziele unter anderem die israelischen Geiseln und priorisierte symbolische Elemente der „Strafe“ und der „Macht“. Mit einer fehlgeleiteten Kommunikation wurde tatsächlich nahegelegt, dass es für die Versorgung der aus Gaza Fliehdenden kein Konzept gebe, dass die IDF prioritär das Leben der Soldat*innen schützen müsse und dass sämtliche zivile Opfer künftig einfach der Verantwortung der Hamas unterlägen. Das war wenig durchdacht präsentiert und nicht professionell. Die israelische Notstandsregierung musste jedoch binnen wenigen Tagen den größten Militäreinsatz der israelischen Geschichte planen und in Gang setzen. Und die Entscheidung, Verhandlungen über Geiseln im Ansatz zu frustrieren und die Verhandlungsposition der Hamas durch Eliminierung ihrer Infrastruktur und Führungsebene zu schwächen, hatte eine gewisse Rationalität. Es durfte nach diesem Massaker in Gaza keine weitere Minute des antisemitischen Jubels geben, keine fröhlichen Feiertage im Waffenstillstand, der mit dem Sieg der Hamas bei der Freipressung aller Gefangenen geendet hätte. Das Zerbomben aller bekannten Hamas-Ziele war naheliegend und von einer – diskutablen – Rationalität geprägt.

Der weitere Arbeitsmodus ist noch völlig offen. Die IDF erwartet ein langer Straßen- und Tunnelkrieg, den sie womöglich nur um den Preis der Zerstörung der gesamten Stadt und nur auf Zeit gewinnen kann. Die Zivilbevölkerung zur Flucht zu bewegen und dann Straßenzug für Straßenzug abzusichern und erst dann kontrollierte und demilitarisierte Rückkehr zu erlauben, ist ein realistischer Anfang einer Strategie.

Wer aber nun, wie Rakha, angesichts der zivilen Opfer von „Genozid“ spricht, will die Dimensionen nicht nur verzerren, sondern verkehren. 3000 Todesopfer in Gaza – darunter eine große Zahl an Kämpfern an den Raketenabschussbasen und Tunneln – sind nach über 3000 Luftschlägen eigentlich eine sehr geringe Zahl und nicht im Ansatz mit einem intentionalen Töten von Zivilist*innen zu verbinden. Eine einzige Rakete kann, wie der Vorfall am Krankenhaus zeigte, über 300 Menschen töten – würde die IDF Gaza auslöschen wollen, sähe die Bilanz ganz anders aus.
Die Hamas hingegen zielt wie die anderen arabischen Terrorgruppen in Gaza und Westjordanland darauf ab, alle jüdischen Menschen zu ermorden. Wo Medien nicht diesen diametralen Gegensatz sichtbar machen, arbeiten sie der antisemitischen Wut der Rakhas und Khalifas zu.


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