Die bigotte Suche nach dem Proletariat in und für Afghanistan

Wieder einmal erleben wir die Berufung auf das weiße Proletariat, die der trump’sche Neofaschismus und die AFD groß gemacht haben. Soldaten seien Proletarier und als solche sollen sie nicht von Bonzen nach Afghanistan geschickt werden, weil sie dort sterben könnten. Eine Variante davon ist die Behauptung, dass ja Schreibtischstrategen, die selbst nicht gedient hätten, nun am liebsten wieder andere Soldaten in den Krieg schicken wollen würden. Aus der Parole „Proletarier ALLER Länder – vereinigt euch“, die einst zur internationalen Solidarität aufrief und ein universales Interesse an Freiheit proklamierte, und unter der sich tatsächlich Freiheitskämpfer*innen aus allen Ländern in Südamerika, auf dem afrikanischen Kontinent und in Südostasien Aufständen und Widerstandsbewegungen anschlossen, wurde isolationistische, ethnopluralistische Hetze: „Proletarier aller Länder – schottet euch ab und verteidigt mit Zähnen und Klauen eure Binneninteressen gegen andere Proletarier aus shithole countries.“ Die Strategie, den bürgerlichen Egoismus in den Arbeiter*innen anzufachen und sie gegen Minderheiten zu hetzen eigentlich alt bekannt: Die faschistischen Bewegungen und allen voran die nationalsozialistische deutsche ARBEITERpartei trachteten danach, die Arbeiter*innen in den Dienst der Interessen der reaktionären Eliten zu stellen.


Der Isolationismus von links korrespondiert daher mit der isolationistischen Propaganda der rechten Mitte, die behauptet, Afghan*innen seien ja nicht bereit für die Freiheit zu kämpfen und daher nicht den Einsatz der westlichen Soldat*innen wert. Den einzigen Unterschied zwischen beiden Positionen macht vorerst, dass die Linke mitunter noch auf der Aufnahme von Geflüchteten beharrt – wenngleich Wagenknecht-Linke auch in dieser Frage systematisch die vermeintlichen Binneninteressen deutscher Arbeiter*innen gegen das ohnehin erodierte Asylrecht aufhetzen.

Beide Strategien haben ihre eigenen propagandistischen Interessen. Sie sollen die Fehler der Intervention in den Hintergrund treten lassen und Schuld projizieren: Nicht der Westen war zur Demokratisierung unfähig, sondern die Menschen in Afghanistan. Nicht Fehlplanung, Korruption, religiöse und bürgerliche Ideologie im Westen standen einer erfolgreichen Emanzipation im Wege, sondern der angebliche Volkscharakter der Afghanen.
Es sind Übungen im Empathieentzug. Die Massaker der Taliban können so als die Sitten anderer Länder oder als die zwingende Folge eines imperialistischen Sündenfalls oder aber in primitivem Ableitungsmarxismus als Rückstand der afghanischen Produktionsverhältnisse rationalisiert werden. Man muss nichts mehr fühlen und vor allem nicht mitfühlen und schon gar nicht solidarisch handeln. Shit happens in shithole countries – dieser bürgerliche Egoismus eint Faschisten und Linksparteiler*innen heute.

Braucht ein freies Afghanistan aber tatsächlich ein Proletariat? Die Diskussion um das revolutionäre Subjekt hat der Faschismus entscheidend geändert: Ihm gelang es durch raffinierteste Propaganda, Arbeiter*innen gegen ihre Interessen zu mobilisieren. Aber auch der serielle Umschlag proletarischer Revolutionen in Terror gegen dieselben Arbeiter*innen hat das Projekt internationaler Solidarität gründlich sabotiert. Wer gesellschaftliche Tendenzen von der Existenz einer Arbeiterklasse und der dazugehörigen Industrie abhängig macht, hat schlicht und ergreifend kein annähernd an Marx gebildetes Geschichtsbewusstsein. Warum etwa die Taliban in Afghanistan, nicht aber im ebenso ländlichen Sambia oder ebenso armen Haiti entstanden sind, kann schlichtweg nicht aus makroökonomischen Prozessen und schon gar nicht aus dem Industrialisierungsgrad erklärt werden. Selbst der Maoismus ist hier weiter: Er stellte sich der Frage nach dem revolutionären Subjekt und schloss Kleinbäuerinnen ein, die von den Ableitungsmarxisten nur Verachtung fanden. Marx arbeitet gerade Landesgeschichten akribisch auf, um Faktoren zu analysieren und Dynamik ihren Raum zu geben. In Südamerika waren es oft Kleinbäuer*innen und Landarbeiter*innen, die Großgrundbesitzer und korrupte Oligarchien stürzten. In vielen Ländern Südostasiens und Afrikas entstanden hybride, pluriethnische Systeme, die zwar keine kommunistischen Utopias sind, die sich aber auch vor den erstarrten „konstitutionellen Monarchien“ Europas nicht verstecken müssen, nur weil sie ärmer sind.


Dass Afghanistan 2021 wieder an die Taliban gefallen ist, bleibt schlicht und einfach den Interessen übermächtiger und destruktiver Nachbarn geschuldet: Pakistan, das die Taliban aufbaute und Afghanistan als proxy gegen Indien nutzt, Iran, das die USA scheitern sehen wollte, Russland aus bekanntem politischen Interesse, China aus opportunistischen geostrategischen Interessen. Dagegen konnten 20 Jahre schlecht und unmotiviert geplanter Besetzung nichts ausrichten und wer behauptet, in 20 Jahren könne aus einem Bürgerkriegsland mit einer Million Toten und fünf Millionen Geflüchteten eine funktionierende wehrhafte Demokratie entstanden sein, hat erstens nicht die deutsche Geschichte studiert, in der nach fünfzehn Jahren Weimarer Republik schon wieder der Faschismus durchmarschierte und zweitens nicht die amerikanische Geschichte, in der selbst nach 230 Jahren (unvollständiger) Demokratie ein Faschist Präsident werden konnte. Afghanistan brauchte Zeit und glaubhaftes Engagement, und vor allem Letzteres war der Westen nicht bereit zu geben. Am wenigsten die Linkspartei, die von Beginn an die Forderung erhob: „NATO raus aus Afghanistan!“ Ausgerechnet mit dem Debakel des Abzugs sieht sich die Linkspartei nun bestätigt, als hätte nicht gerade der Siegeszug der Taliban ihre krude, ethnopluralistische und isolationistische Ideologie ad absurdum geführt.

Das Argument von den proletarischen Soldaten im Westen ist fachlich einfach falsch. Zum einen nämlich sind derzeit dieselben Soldaten, die in Afghanistan gekämpft haben, die, die am stärksten Entsetzen und Solidarität mit ihren Kameraden in Afghanistan ausdrücken. Es ist kurios, dass man heute von Kadetten selbst einer Erwin-Rommel-Kaserne mehr internationale Solidarität und Klassenbewusstsein erwarten darf, als von isolationistischen Linksparteilern. Und das zieht sich über Ländergrenzen. In den USA, in Großbritannien ist der skandalöse Abzug der NATO und die erneute Machtergreifung der Taliban für Soldat*innen vor allem eines: Ein Schlag ins Gesicht derer, die in Afghanistan gefallen sind, eine Entwertung jedes individuellen Opfers.
Zum Anderen sind Soldaten im Westen zwar mehrheitlich keine Eigner von Produktionsmitteln, aber dennoch relativ gut bezahlt (in den USA 62.00 USD p.A.) mit üppigen Vergünstigungen und Karrieremöglichkeiten. Dass Soldat*innen grundsätzlich Proletarier*innen seien, ist falsche Klassenanalyse, weil es in fast allen westlichen Staaten eben keine Volksarmeen mehr sind, sondern Berufssoldaten unterschiedlichster Abkunft und Berufe. Sie stammen auch aus eher bourgeoisen Elternhäusern, in denen der Militärdienst als patriotische Pflicht gilt.


Und in gut organisierten und ausgerüsteten Elitetruppen ist das Sterberisiko bei Luftunterstützung, Satellitenüberwachung und Infrarotkameras sehr gering. Sie kommen heute vor allem in assymetrischen Konflikten als Militärpolizei zum Einsatz. Bei keinem NATO-Einsatz wurden Soldat*innen in Materialschlachten verheizt wie im ersten Weltkrieg. Das Bild ist obsolet, geschichtsfern, wenn nicht geschichtsfeindliche, bewusste Fälschung. Westliche Soldat*innen haben in diesen Ländern in etwa dasselbe Sterberisiko wie Feminist*innen, Journalist*innen oder Umweltschützer*innen. Paradoxerweise aber will man statt gut ausgerüsteter Soldat*innen nun meist extrem schlecht bezahlte Entwicklungshelfer*innen zu den Taliban schicken, die bestenfalls von privaten Sicherheitsdiensten geschützt werden. Das scheint das übergreifende Konzept zu sein und den Fehler daran bemerken Linksparteiler*innen ebensowenig wie die Faschisten*innen – weil sie gerade diesen Fehler erst produzieren und internationale Solidarität sabotieren.

Disco Elysium – ein Fall für den Kommunismus?

Die linksliberale Euphorie über das Spiel „Disco Elysium“ ist vor allem Ausdruck einer Misere im Low-Tech-Spielesektor. Ideenlose Jump and Runs, Tower-Defense-Games, RPG mit immer gleichen, konservativen Inhalten: Damsel in Distress, muskulöser Held, Skillen, Grinden, Juwelensammeln, Upgraden, stumpfsinnige Besorgungen für NPC erledigen, kurz: repetitive Tristesse für zu Tode gelangweilte Menschen. Da kann ein Spiel beeindrucken, das ausnahmsweise von Intellektuellen mit einem ordentlichen Skript versehen wurde, das nicht auf eine Verschwörung eines Gentechnikkonzerns oder bösen Zauberers hinausläuft.
Technisch ist Disco Elysium allerdings auf einem Stand vor 25 Jahren: Ein Point-and-Click-Adventure mit Dreiviertelaufsicht und statischen Kulissen. Dass das Spiel dennoch 2GB Grafikspeicher als Mindeststandard angibt, verblüfft daher, und ist zudem unwahr: Mit den meisten besseren Onboard-Grafiken wird sich das Spiel problemlos begehen lassen. Ressourcen frisst es aber an den unmöglichsten Stellen. So sind banale Türen nur mit teilweise 30-60 Sekunden Ladezeit zu öffnen. Weil man aber ebenso hin- und hergeschickt wird wie bei anderen Spielen des Genres, muss man im Laufe des Spiels mindestens 200mal eine Tür öffnen. Hinzu kommt, dass mit dem letzten Update „Final-Cut“ eine Reihe von Bugs eingeschleppt wurden, die Questreihen sabotieren und Fast Travel ab Tag 4 verunmöglichen. So läuft man immer wieder die gleichen Stellen ab, was lediglich dadurch spannender wird, als man mit fortschreitenden Fähigkeiten mehr verborgene Hinweise erhält.

Die Stärke des Spiels liegt in seiner Ästhetik: Akustische Reize, Musik und Kulissen im Stil von Edward Hoppers „Nighthawks“ erzeugen eine tiefe Schwermut, die teilweise an die Grenzen des Erträglichen drängt. Ausgerechnet die harmloseste Figur im Spiel, eine Würfelmacherin, reizt die Schmerzgrenzen aus. In einer industrieromantischen Ruine sitzt sie vor einem Fabrikfenster wie eine Spitzweg-Karikatur eines Kleinbürgers, vollständig auf ihre sinnentleerte Arbeit fokussiert, abgeschottet von einer Welt, die den Bach hinuntergegangen ist und nun wie ein verlorener Würfel in ein tiefes Loch zu fallen droht.

Inhaltlich arbeitet das Spiel mit (sehr leisen) Anspielungen auf Terry Pratchett, die auch schon beim spieltechnisch himmelweit überlegenen „Planescape Torment“ vorhanden waren. Eine weitere literarische Quelle dürfte Douglas Adams Detektivreihe „Dirk Gently“ und dessen „holistische Detektei“ sein: Alles ist mit allem vernetzt und Absurdes ist möglich. Das erzeugt Suspense beim ersten Durchlauf. Leider hält vor allem diese Suspense das Spiel am laufen. Die Figuren sind sämtlich Klischees, reine Stereotype. Da gibt es DEN bad cop, DIE Disco-Königin, DIE Buchhändlerin, DEN rassistischen Trucker, DEN machistischen Arbeiter und leider auch rassistische Stereotype wie den opportunistischen Händler Sileng. Alles ist wenig überraschend und an einer Stelle gesteht das Spiel sich auch das Amusement über die Stereotypisierung ein:

Ist möglicherweise ein Bild von Text „EUGENE "Hell, you both look like you could use some feminine company right now." now. KIM KITSURAGI "Thank you for your advice, Eugene. And you too, Alain.I do always appreciate a good use of the expression milkers'." RHETORIC amuses him themselves. Itsincerely how hard these guys typecast“


Das Motiv des Desaster Tourism wird ebenso offen eingestanden in einer Szene, in der ein Fischerdorf mehrfach als „pornographically poor“ bezeichnet wird. Eine echte moralische Wahl gibt es im Spiel kaum: zwar kann man sich zwischen Faschismus, Rassismus, Kommunismus und Zentrismus entscheiden, die zentralen Handlungsstränge werden aber an wenigen Stellen so eng zusammengeführt, dass ein zielgerichteter, linearer Spielverlauf vorgegeben ist. Das moralische Gewissen des Spiels und zugleich eine der sympathischsten Figuren im Spiel, Kim Kitsuragi, ein aus Vorsicht überkorrekter Homosexueller, gibt mit ständigen Bewertungen eine zentristische Richtung als im Spiel vernünftige Wahl vor. Verschiedene Spiel-Enden werden nicht wie bei Fallout auch erzählt, lediglich Dialogoptionen erwähnen die „guten Taten“ am Ende. Das macht die moralische Freiheit zur Farce.

Bemerkenswert ist die Referenz auf den Kommunismus als Scheitern: eine zerbombte ehemalige Kommunardenfestung weckt bewusst Assoziationen an die Pariser Commune oder den indonesischen Politizid an der PKI. Das in einer surrealen, destruktiven Welt aufzuheben, die sich ähnlich wie Alzheimer oder Demenz in einem Zerfallsprozess zu befinden scheint und vor allem das Vergessen als Gegenspieler von Zivilisation aufbaut, ist im Spielesektor zweifellos progressiv. Das Publikum, das die ironischen Seitenhiebe auf Kritische Theorie („Inframaterialismus“) versteht, dürfte extrem klein sein. Die Karikaturen des Kommunismus dienen aber nicht nur der Selbstreflexion, der fraglos ehrlich gemeinten Anweisung zu erneuten Versuchen, sondern auch zur Belustigung von Antikommunisten und Zentristen. Mit dem fiktiven Kommunistenführer Kraz Mazov wird der Name Karl Marx mit Masochismus assoziiert: Kern des Kommunismus sei schließlich das Scheitern. Der „kommunistische“ Spielweg erlaubt leider auch kein reflektiertes Vorgehen, sondern ist weitgehend in Parteipatriotismus und hohlen Gesten gefangen: So erhält der Avatar die Option, einer Büste von Kraz Mazov zu salutieren. Agitation, also die Möglichkeit NPC tatsächlich zum Kommunismus zu bekehren und ein anderes Spielende zu erreichen, gibt es praktisch nicht. Lediglich einer Figur lassen sich (sinnbefreite) Jubelrufe auf den Kommunismus entlocken. Aber man kann mit einer russischen Fellmütze mit rotem Stern umherlaufen und so doppelt so viele Erfahrungspunkte in Dialogen mit linken Charakteren ernten. Das ist ein bisschen wenig für das, was möglich gewesen wäre. Dass der letzte Kommunarde dann ein sexualfeindlicher, homophober Parteisoldat ist, bleibt ebenso im Bereich des bourgeoisen Witzes über den Kommunismus gefangen wie der fettleibige Gewerkschaftsführer, der als „Nacktschnecke“ und „Blutegel“ bezeichnet wird. Er und seine Gewerkschaftstruppe entsprechen dem Bild von Gewerkschaft als Mafia, das zwar seine Realität in einem spezifischen, historischen US-amerikanischen Kontext auch hatte, das aber von der Bourgeoisie auch in eigenem Interesse sattsam zum Klischee überdreht wurde. In diesen Karikaturenkabinett bleibt Disco Elysium demnach weit hinter den Möglichkeiten zurück, die die ursprünglichen Ideen einmal boten. Es wirkt am Ende alles halb fertig, unvollendet, und doch zu starr, um mit Absicht so zu sein. Was passiert mit dem ab- oder angeschalteten Eisbären? Was wird mit dem schwerreichen Unternehmer geschehen? Und wer zum Teufel ist Abigail? Zu viele Entscheidungen haben keinerlei echte Konsequenzen auf den Spielverlauf oder das Ende.
Dem Spieleentwickler ZA/UM ist nicht aufgrund des Ergebnisses, sondern aufgrund des eröffneten Potentials beim nächsten Spiel mehr Erfolg und Mut zu wünschen.

Ist möglicherweise ein Cartoon von 1 Person und Text

The vampire paradox of zombies


We all know that zombies in folklore were simply dead workforce for witches. You find a person, kill it in a certain way involving rituals or you revive a dead person and there you have your robot or slave executing tasks without minding anything else. Zombies were the exact opposite of a socialist worker with ADHD: hyper-focused, effective, loyal. Social Anthropology has produced a lot of facts and fiction on the „reality“ of zombies and toxines from Haiti to South-Africa.
But films transplanted the „vampire“-aspect into zombies and that drastically transformed the traditional logic of zombies.

It is common sense today, that Zombies reproduce through biting living persons (or animals). The infection creates a rapid decay of a person’s consciousness, leaving a massive urge to bite driving forward a body ruined or decorated by flesh-wounds. But hordes of zombies should dismantle a body within seconds, even if we exclude digestion and therefore incorporation of flesh ripped of a living body. Many Zombie-jokes even refer to a nutritional focus on „brains“. It is equally common sense, that Zombies only die from headshots or severe damage to their skulls. Which means, a pride of zombies following their natural hunting behaviour will almost never produce offspring, as victims of zombie-attacks will end up with severe damage to their brains and little muscles left to move their bodies or teeth inside a skull to bite other bodies.
IF zombies bite, they can’t produce walking (and biting) zombies on a large scale. That is the vampire-paradox of zombies.
We can conclude: In Nature, wild zombies should almost never have intact bodies with noses, jaws, legs or arms. Or more precise: zombies, as depicted in movies, shouldn’t exist at all. They are – other than traditional zombies and vampires – a contradiction.
But maybe Zombies simply aren’t zombies. The original zombie-myth was deeply rooted in African mythology. (Frankenstein was more of a bornagain cyborg-jesus. He was alone, had feelings and was mobbed for being different. We can ignore Frankenstein. He is definitely not a zombie. Not at all.)
Voodoo-Zombies were too African for white culture industry. Despite branding it as „superstition“ whites were afraid of „African witchcraft“ because whites were afraid of anything even hinting at black power. „Night of the living dead“ introduced an armed black hero slapping a white woman: an outrage for white people at that time. But in the end he dies from bullets of white racists mistaking him for a zombie – or for the „dangerous“ black man he is.
With „Night of the living dead“ all further zombies became vampires. Vampires thrive on christian projections of drinking blood in churches, ressurection, visiting beautiful girls and boys at night, being creepy jesuses. They have their logic, but only for Christians – and teenagers. (By the way: African vampires don’t feed on blood: They sell it to white people or sacrifice it to the gods or witches.) Zombies on the other hand mutated into ugly vampires. They bite. That’s all you need. No food, no brains, just bites. And as with vampires, biting creates offspring and therefore simply is: sex.
The moral of zombie-films is prudish: Sex is rape. Attraction is dangerous. Those who go out will be gangraped. You need a penis (and/or heavy guns) to defeat zombies. Kill zombies – kill the sex-drive – save mankind. Zombies then are logical again, but also very boring.





Als Richard Wagner seinen Echo zurückgab

Die Empörung über Kollegah und Farid Bang ist bigott. Die beiden haben den Echo aus demselben Grund gewonnen wie alle anderen Preisträgerinnen und -träger: weil sie Alben verkauft haben. Das war und ist das wichtigste Kriterium für den Preis. Darin unterscheidet er sich kaum von der Exzellenzkultur an den Universitäten: Judith Butler etwa erhielt eine Gastprofessur in Köln, weil sie Bücher verkauft, nicht weil diese gut sind. Butler hat sich wie Kollegah antisemitisch betätigt, für den Boykott israelischer Waren und Wissenschaffenden ebenso agitiert wie für das Tragen der Burka. (S. Riedel 2005: „Israel ist, was Judith Butler über Israel denkt, Das Gerücht fungiert als Diskurs.“ In: Bahamas 48)

Es gab kaum Proteste gegen Butler, niemand gab seine Professur zurück. Niemand gab einen Echo zurück, als Nigel Kennedy einen seiner insgesamt sechs Echos erhielt. Kennedy, der sich mit Geige und Kufiya als konformistischer Rebell verkauft, ruft zum kulturellen Boykott Israels, also zum Boykott von jüdischen Künstlerinnen und Künstlern aus Israel auf. Einen Echo würde heute zweifellos auch Richard Wagner gewinnen, der Gründervater des modernen Antisemitismus. Und so manche, die sich über Kollegah empören, sind Mitglied in der lutheranischen Kirche. Luther „rappte“ gegen Juden indem er die Christen dazu aufrief:

„…ihre Synagogen niederbrennen, ihre Häuser zerstören und sie wie Zigeuner in Ställen und Scheunen wohnen lassen, ihnen ihre Gebetbücher wegnehmen, ihren Rabbinern das Lehren bei Androhung der Todesstrafe verbieten, ihren Händlern das freien Geleit und Wegerecht entziehen, ihnen das Wuchern verbieten und all ihr Bargeld und ihren Schmuck einziehen, den jungen kräftigen Juden Werkzeuge für körperliche Arbeit geben und sie ihr Brot verdienen lassen.“

Ein Land, in dem man nach einer Diskussion über Kollegahs Antisemitismus Wagner spielt, in dem man Luther als Nationalhelden verehrt, in dem die bayrische Regierung nach über eintausend Jahren christlichen Pogromen an Juden das Kreuz ernsthaft staatlichen Institutionen als Merkmal „kultureller Identität“ aufzwingt, hat vom Antisemitismus nichts verstanden.
Daher wird auch das Tragen der Kippa aus Solidarität nichts gegen den Antisemitismus bewirken. Der islamische Antisemitismus, der in den häufiger werdenden Attentaten auf Juden mit Kippa nur eine Spitze eines viel größeren Eisberges zeigt, erhält von deutschen Medien seine tägliche Rationalisierung. Man verurteilt lediglich den Ort des Übergriffes – hätte der syrische Jugendliche einen Juden in Hebron oder Jericho angegriffen, die deutsche Presse hätte daraus einen Akt der Verteidigung gemacht. Der Aufruhr gegen Kollegah, Farid Bang und den syrischen Antisemiten neigt zur Verschiebung, solange verdeckt wird, wieviel ihr Antisemitismus mit den Gesetzen der Kulturindustrie und der daran ausgerichteten Universitätskultur und dem daran angeschlossenen Bildungswesen zu tun hat.
 
 

Rechtsantideutsch – Zur Genese eines Phänomens

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Die „antideutsche“ Haltung war zunächst eine recht diffuse Gegnerschaft zum wiedervereinigten Deutschland. Bis heute finden sich im individuellen Sediment Fossilien dieser Zeit:
Der Hass auf die Revolution gegen das totalitäre DDR-Regime, die in einer Fehllektüre der bürgerlichen Parole „Wir sind das Volk“ als „völkische“ identifiziert wird; die Glorifizierung der roten Armee als antifaschistische Institution, deren nicht erst unter Stalin erzwungene faschistische Prägung zugunsten des Rauschs der Fahne ausgeblendet wurde; eine generalisierende Fehlinterpretation von postkommunistischer Weltpolitik als Ausgreifen eines wiedererwachten deutschen Nationalsozialismus, darunter zuvörderst die Theorie, die den Jugoslawienkrieg ausschließlich als deutsche Verschwörung gegen die letzte sozialistische Macht in Europa deutete. Das sind jeweils Erbschaften antiimperialistischer Welterklärung durch Reduktionismus und Identitätspolitik, gegen die kritische Theorie sich schon in den 1930ern imprägnierte.

Diese Ursprünge führten dazu, dass unter anderem Jürgen Elsässer Mitherausgeber der Zeitschrift „Bahamas“ wurde, dem Organ jener Minderheitsfraktion der Gruppe K, die nicht mit der PDS zusammengehen wollte. Unter dem Einfluß der „Initiative sozialistisches Forum“ in Freiburg schärfte die Zeitschrift ihr Profil und rückte den israelbezogenen Antisemitismus ins Zentrum. Das provozierte polemische, hasserfüllte Reaktionen aus der traditionellen Linken, für die „antideutsch“ zunächst zum Synonym von Verrätertum wurde, bei nicht wenigen aber seriell zu Reaktionsbildungen und euphorischer Identifikation mit dem Label führte. Die Zeitschrift Bahamas warb noch in dem Maße um die Linke, wie sie diese kritisierte, die „Antideutschen“ waren in aller Regel ehemalige Linke und Marxisten.

Inhaltlich häufig von präziser Korrektheit, war die Polemik vieler Bahamas-Texte früh von jenem enttäuschten, abgewehrten Begehren geprägt, in dem Psychoanalyse die Intensität des Ekels begründet sieht. Es ist ein Begehren, das sich nur in der Verachtung artikulieren kann und letztlich sein Objekt zerstören muss, wo es sich der durch Schmähungen vorgetragenen „Werbung“ verweigert.

„Fangen wir doch einfach mal mit den Äußerlichkeiten an“ war die Parole von Justus Wertmüller nach den Demonstrationen von Heiligendamm 2007. Der Kommentar des Blogs „Psychosputnik“ greift diese „Äußerlichkeiten“ in einer Fußnote begeistert auf: „Mit diesem einfachen Wort rekurriert Wertmüller auf Adornos geniale Entdeckung, daß ohne Berücksichtigung der ästhetischen Empfindung das ganze Denken des Mensch blind wie frischgeborene Kätzchen ist.“

Einem geschichtsphilosophisch geschulten Herangehen hätte der Rekurs auf die frühneuzeitliche Ästhetik, in der die Konkurrenten Pietismus und Aufklärung zunächst von Form auf Inhalt, vom schönen Äußeren auf den schönen Geist und letztlich von der schwarzen Hautfarbe auf den fehlenden Intellekt schließen wollten, (wie George L. Mosse in seinem Standardwerk zur Geschichte des Rassismus nachweist) bekannt sein müssen. In der Szene wurde solche Skepsis von einer populären Faszination mit der angeblichen Rückbezüglichkeit von „Form und Inhalt“ überlagert. Daran schließt Wertmüller mit seinem „rant“ an:

„Immer noch trägt man diese schrecklichen Dreadlock-Wursthaare, immer noch ist man auf dem veganen Trip, immer noch ist man auf dem Kreativtrip, obwohl man zu nichts in der Lage ist, weder in der Kunst noch im Schreiben noch im Reden noch in der Beziehung. Immer noch hält man sich für etwas Besseres, obwohl aus einem das psychische und physische Elend grinst. So gesehen ist natürlich die radikale Linke, also alles jenes, was sich autonom, antifa, nehmen wir mal diese beiden Dinge oder ExK-Grüppler oder was es da noch so gibt, die Antirassisten und Antisexisten, natürlich nicht zu vergessen, die von ganz besonderer Hässlichkeit sind, etwas Abstoßendes und schon deswegen eigentlich ein Personenkreis, zu dem man auf Abstand gehen sollte.“

Das „physische Elend“ Anderer zu verurteilen war Wertmüller und nicht wenigen seiner Anhänger vor fast zehn Jahren probates Mittel, das sich nicht selbst der Identitätspolitik („ich sehe gut aus, also bin ich gut“) verdächtig wurde. Auf dem Titelbild der Ausgabe 55 (2008) fanden sich dann die „hässlichen Elendsgestalten“ mit Überbiss karikiert. Solche Ästhetik bildete einen Meilenstein auf dem Weg dahin, das bisherige Rekrutierungsfeld nicht mehr zu kritisieren, sondern von sich zu werfen.

An die Stelle dessen, was Psychoanalyse als reife Reaktion auf Verlust und Impotenz vorschlägt – Trauer – traten Wut, Hohn und Spott. Im Gegensatz zur feministischen Sache, die trotz der Gegnerschaft zum „Antisexismus“ noch lange von Autoren der Bahamas vertreten wurde, haben vor allem Clemens Nachtmann und Sören Pünjer den Antirassismus nicht nur als Bewegung sondern auch als Gegenstand gründlich entsorgt und damit den weiteren Wegverlauf vorbereitet.

„Seien wir doch ehrlich, Rassismus, der wirklich noch Rassismus genannt werden kann, also nicht die Verrücktheiten der Antira-Szene, die jede staatliche Regulierung von Zuwanderung als Rassismus geißelt, oder jeden, der das Wort Neger in den Mund nimmt, standrechtlich zusammenschlagen will, hat doch nicht wirklich eine Zukunft. Die Zukunft gehört der Ideologie des Antirassismus als menschenverachtendem globalem Massenbewußtsein, also als Fusion aus Multikulturalismus und Ethnopluralismus, zusammengehalten von einem politisch korrekten Antisemitismus.“ (Sören Pünjer)

Das knüpfte an eine ältere Tradition an. Bereits 1994 hielt Manfred Dahlmann einem durch und durch grotesken und in der „konkret“ sowohl abgedruckten als auch gründlichst kritisierten Referat von Christoph Türcke zugute, er habe der zu Unrecht empörten Linken lediglich „die Botschaft überbracht“,  dass wenn „der deutsche Staat sie mal vor die Alternative stellen sollte, entweder die ‚Flüchtlingsfrage‘ mit ihm gemeinsam zu ‚lösen‘ oder die soziale Sicherung entzogen zu bekommen, ihre Entscheidung eindeutig sein wird.“ Gemeint ist, dass die Linke sich wie der vernünftige Staat, den Türcke unterstellte, für die „soziale Sicherung“ und entscheiden würde, die durch die Jugoslawienflüchtlinge damals bedroht schien. Bei Pünjer wird im gleichen Duktus aus der humanistischen Kritik der immer weiter eskalierenden Dezimierung von Flüchtlingen durch Hürden, die sie in den Kriegsgebieten halten sollen, schon ein „Geißeln“ „jeder staatlicher Regulierung von Zuwanderung“.

Das ist der Jargon der Rechten, die aus der verzweifelten Flucht von etwa 50 Millionen Menschen weltweit eine gemütliche „Zuwanderung“ zu machen sucht, die dann nur „reguliert“ würde. Dass dieser „Regulierung“ zehntausende von Menschen zum Opfer fallen, die verdursten oder ertrinken, weitere Millionen zwangsweise in elenden Lagern gehaltene Flüchtlinge systematisch der Ausbeutung durch Organhandel, Zwangsehen, Zwangsprostitution und Sklaverei zugeführt werden, kann stets mit der bürgerlich-egoistischen Rationalität des Notstandes legitimiert werden: alles Andere seien Hirngespinste, Träumereien, Selbstschädigung und mancher auf der antideutschen Straße wusste bereits, dass „no border“ eigentlich nichts anderes sei als der „Antinationalismus“ des Islamischen Staates.

Wie gründlich die Redaktion Bahamas mit dem Humanismus abgeschlossen hat, und wie tief der Reflexionsausfall reichte, zeigte das Editorial der Ausgabe 73.

„Deutschland ist das Land der Durchhalter. Es brach 1914 einen fürchterlichen Krieg vom Zaun, den es, obwohl er schon nach drei Monaten verloren war, weitere vier Jahre fortsetzte, nur um sich nach der Niederlage als moralischer Sieger zu präsentieren und gegenüber dem Rest der Welt durchaus aggressiv den Beleidigten zu geben. Eine verwandte Aggressivität spricht seit dem Frühjahr 2016, als nicht mehr zu bestreiten war, dass sie ihren Kampf um die Hegemonie in Europa verloren hatten, aus den Deutschen. Aus Geiz und Gier, die exemplarisch in der Griechenland-Politik zum Ausdruck kommen, genauso wie aus dem narzisstischen Bedürfnis heraus, die anderen auch in moralischer Hinsicht ins Hintertreffen zu bringen, wofür die vollends wahnsinnige Flüchtlingspolitik seit dem Frühjahr 2015 steht, ist das Projekt Europäische Union maßgeblich von Deutschland zum Scheitern gebracht worden. Seither wird wieder durchgehalten.“

Die Aufnahme von einer Million Flüchtlinge wird hier mit dem ersten Weltkrieg gleichgesetzt (vor dem zweiten als Parallele schreckte man vorerst noch zurück).

„Wie vor hundert Jahren ist es die Intelligenz, die die so dringend gebotene Selbstkritik empört zurückweist und stattdessen zum Entlastungsangriff auf inzwischen alle europäischen Nationen bläst. Man sieht sich einer bösen Welt ausgesetzt, die von nationalistischen Kleingeistern, rechtspopulistischen, gar faschistischen Unmenschen, feigen und ehrlosen Umfallern und interventionistischen Bellizisten bevölkert zu sein scheint.“

Gegen diesen „Schein“ sollte man sich die Realität vergegenwärtigen: In Ungarn ist die antisemitische Nazipartei „Jobbik“ seit 2010 drittstärkste und seit 2014 zweitstärkste Kraft. In Österreich ist die FPÖ wieder Regierungspartei. In Deutschland hat die AFD alles zwischen rechtem Flügel der CDU/CSU und linkem Flügel der NPD abgeräumt. In Frankreich agitiert der Front National gegen Europa und Flüchtlinge und zwischen Polen und Großbritannien will man die „Islamisierung Europas“ stoppen, während die reale Islamisierung der Türkei, Indonesiens, Bangladeschs, Malaysias und des subsaharischen Afrikas von den jeweiligen Rechten als ethnopluralistische Kuriosität ignoriert wird, wo die Parteien nicht gleich mit islamistischen Regimes kollaborieren.

Den Gegner sieht die Redaktion Bahamas aber in den „guten Deutschen“, deren „kollekive Wiederholungstat“ darin besteht, Flüchtlinge aufzunehmen.

„Den brutalen Überlegenheitsdünkel und die unerträgliche Selbstgerechtigkeit der deutschen Intelligenz hat kürzlich der Schriftsteller Pascal Bruckner in Gestalt des ihn interviewenden Journalisten Georg Blume zu spüren bekommen. In einem Interview das am 14.4.2016 in der Zeit erschienen ist. Im Ergebnis geriet die intendierte Entlarvung des prinzipienlosen französischen „Parade-Intellektuellen“ durch einen Vertreter der „guten Deutschen“ zum Protokoll über einen kollektiven Wiederholungstäter, dessen Hang zu Sonderwegen Europa einmal mehr ängstigt.“

Dieses Interview wird im Editorial 73 der „Bahamas“ in langen Auszügen abgedruckt. Bruckners Argumentation ist im Wesentlichen die der neuen Rechten: Aus Vernunft hätte man den Millionen Flüchtlingen aus Syrien den Weg nach Saudi-Arabien zeigen sollen, den nach Europa aber versperren, weil Europa keine Schuld am Syrienkrieg trage. Bruckner beklagt:

„Man kann doch nicht von einem Tag auf den anderen, im Hauruckverfahren, eine Million Leute, die nur Diktatur, Krieg, Folter und Bomben kennen und aus einer Kultur kommen, in der die Frau ein zweitrangiges Wesen ist, in eine freie Gesellschaft verpflanzen.“

Auch hier wird wieder aus der Flucht eine Aktivität der Europäer, ein „Verpflanzen“. Die verräterische   Floskel verniedlicht die mörderische Flucht zu einem gärtnerisch-fürsorglichen Akt. Kritisiert wird nicht, dass CDU und SPD zu wenige, sondern dass sie zu viele Flüchtlinge aufgenommen hätten. Das wird von Bruckner psychologisiert:

„Ebenso uneingeschränkt und impulsiv war die Reaktion der Kanzlerin auf die Flüchtlinge: eine Million willkommen heißen, jetzt, sofort! Ohne Absprache mit uns anderen Europäern. Man begegnete in Merkel einem Narzissmus des Mitgefühls. Wie jeder Narzissmus war auch dieser grenzenlos und ein Alleingang.“

Hier steht alles schief. Merkels Weigerung, auf die Flüchtlinge schießen zu lassen, wird als Mitgefühl fehlverstanden, dieses dann pathologisiert[1] und nicht als zivilisatorischer Mindeststandard gewürdigt, der freilich wenige Wochen später mit Stacheldraht in Ungarn, auf dem Balkan und mit der Mauer in der Türkei unterlaufen wurde. Die nach wenigen Wochen beendete Phase entstand aus dem Problem, dass unter anderem Italien sich weigerte, die ökonomisch und humanitär aufwändige Drecksarbeit für Deutschlands repressive Flüchtlingspolitik zu erledigen und Flüchtlinge ohne Registrierung nach Deutschland weiterreisen ließ. Schengen stand auf dem Spiel und damit ein Instrument, mit dem vor allem Deutschland eine repressive Flüchtlingspolitik auf Kosten der Anrainerstaaten lösen wollte. Es ist schlichtweg eine Verdrehung, aus der Aufnahme von Flüchtlingen ein „deutsches Projekt“ zu machen. Seit den Brandanschlägen und Pogromen der 1990er war die deutsche Maxime, Europa zu nutzen um Flüchtlinge aus Deutschland herauszuhalten. Das kurze Intermezzo 2015 war ein komplexes Zusammenspiel von Syrienkrieg, Europapolitik und internationaler Entrüstung über die Behandlung von Flüchtlingen, der sich Deutschland zuletzt nicht mehr entgegenstellen konnte. Auch 70% der polnischen Bevölkerung waren damals für die Aufnahme von mehr Flüchtlingen.

Die Redaktion Bahamas bekundet hingegen:

 

„Die Redaktion Bahamas, die Bruckners Argumente vorbehaltlos teilt, befindet sich in der ungemütlichen Situation, dass Herr und Frau Durchhalter in deutschen Redaktionen, Studentenvertretungen und selbst sich israelsolidarisch nennenden Initiativen auf jeden kritischen Hinweis über deutsche Alleingänge wie die Flüchtlings- und Türkeipolitik der Regierung Merkel nicht nur mit Diffamierungen reagieren, auf die wir schon zu antworten wissen.“

Mit „Durchhalter“ wird explizit wieder die Parallele zwischen 1. und 2. WK und Flüchtlingsaufnahme gezogen und so der Notstand legitimiert, in dem man auf Realitätsprüfungen verzichten kann:

„Merkel-Deutschland, das man sich als ein nicht nur in Leipzig tätiges „Netzwerk gegen Islamophobie und Rassismus“ vorstellen muss, ist, seit es als Durchhalter-Gemeinschaft gegen Europa mit dem Rücken zur Wand steht, im Kampf gegen den inneren Feind noch Manches zuzutrauen.“

Diese Verkehrungen finden sich als Detritus in der Szene wieder, die sich inmitten der bürgerlichen Eiszeit ihrer ideologischen Obdachlosigkeit schämt und Nestwärme bei der gesellschaftlich hegemonialen Vernunft sucht: Flüchtlinge eben draußen zu halten, in Bruckners Jargon zu „filtern“, wegen dem Islamismus und weil man ja nicht alle aufnehmen kann. Die Idee, die europarechtlich verregelte Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen ausgerechnet mit dem Nationalsozialismus zu identifizieren ist offenbar so überzeugend, dass Paulette Gensler sie aufgreift und in einem Kommentar als „Biopolitik“ bezeichnet:

„Eben dieser Bezug auf Polen, wie Martin [Stobbe] ihn hier skizzierte, ist mir nämlich auch aufgestoßen. Denn auch ohne Bahamaslektüre, aber nach einem kurzen Blick in ein durchschnittliches Geschichtsbuch wäre doch zu erkennen, dass es eventuell Gründe gibt, aus denen sowohl die polnische Regierung als auch Bevölkerung etwas sensibel auf deutsche Biopolitik auf polnischem Boden reagiert.“

Die europaweit vereinbarte Verteilung von 120,000 Flüchtlingen sollte primär Italien und Griechenland entlasten. Wirtschaftliche Ausgleichsregelungen sind vorgesehen. Daraus ein „deutsches“ Projekt, gar „Biopolitik“ zu machen, zeugt vom Realitätsverlust ebenso wie von der Aufgabe von Aufklärung als Möglichkeit.

 

Der Abschied der Redaktion Bahamas vom Humanismus ebenso wie vom Realitätsprinzip ließe sich an weiteren Texten exemplarisch belegen. Er bleibt vorerst partiell und wird gelegentlich widerrufen in bestem Judith-Butler-Stil: Man habe das nicht so gesagt, was man eben gesagt hat. Und sicher wird man in der Bahamas weiterhin Texte finden, mit der sich andere Texte in der Bahamas kritisieren lassen. Aber die in die Welt gerufenen Ideologeme wie der Identifizierung der Aufnahme von Flüchtlingen mit dem ersten und zweiten Weltkrieg, von Antirassismus und Nationalismuskritik mit dem Islamismus, vom ästhetischen Elend der „Linken“, vom Untergang des Rassismus, diese Ideologeme werden weiter gedeihen, weil sie sehr einfache, identitätspolitische Lösungen für komplexe Probleme anbieten.

 

[1] Der Zusammenhang von inszeniertem Mitleid und Narzissmus wurde von Nietzsche durchaus richtig erkannt. Tatsächlich ist der pathologische Narzissmus aber zum echten Mitgefühl geradewegs unfähig und muss es an Anderen als Schwäche oder Perversion abwerten.

Rezension: „Schon gehört?“ Ein Bilderbuch von Martin Baltscheit und Christiane Schwarz

Trotz der Fülle an neuen Bilderbüchern drängt sich bei den wenigsten ein bleibender Eindruck auf. Computeranimierte und daher sterile oder überladene, manierierte Ästhetik, reaktionäre Inhalte und eine wenig kindgerechte, bemühte Sprache machen das Gros der Überproduktion aus.

Aus dieser Masse sticht die Geschichte vom rosa Flamingo heraus. In ein hermetisches, regressives Knäuel gemummelt steht er am See und schläft einen tiefblauen Schlaf. Nach und nach sprechen ihn Vögel an, er aber verweigert sich dem Gespräch und schläft weiter. Mit jedem Neuankömmling projizieren die Vögel mehr auf den stummen Flamingo – er wird zum Container für ihre sich steigernden Wünsche und Ängste. Erst bekommt er „Federn aus Gold“ und „Schuhe aus Lack“, dann hat er „seine Mutter an den Zoo verkauft“, wird immer reicher „und gibt nichts ab!“, ist dann rasch der „Schweinekönig“ und am Ende schreit der Spatz: „Das Ende ist nah! Der Flamingo wird uns alle töten und niemand kann uns retten!“ Die Vögel fliehen und nur der Storch bleibt. Er sieht sich in seinem Ressentiment bestätigt: „Na wusst ich’s doch! Flamingos sind an allem schuld. Vögel wie die gehören ausgestopft.“ Endlich agiert der Flamingo, verschlingt den Storch und schläft weiter.

Die Geschichte stellt einen außerordentlich gelungenen Versuch dar, pathische Projektionsmuster im Antisemitismus zu verbildlichen. Die Gleichzeitigkeit von Begehren und Angst wird in einer einfachen Geschichte bis zur geschichtlichen Drastik von Apokalyptik und Vernichtung durchgeführt. Gerade weil das Buch diese Tiefe entfaltet und die Projektionen auch ins Bild übersetzt, den Flamingo tatsächlich als bösen Federkronengott zeichnet, ist es für jüngere Kinder zu unheimlich und überfordernd. Dafür ist es zur angeleiteten Arbeit und Gruppentherapie mit Jugendlichen und Erwachsenen geeignet und sehr zu empfehlen.

Gesellschaft im Brutkasten

Die BILD hat ein Filmchen produziert, in dem Brutkästen die Gebärmutter ersetzen. Explizit ist von einer „Idee“ die Rede und auch wenn die Brutkasten für Frühchen immer ausgereifter werden, wird solche Technologie auf absehbare Zeit nicht existieren, weil die Nidation einfach ein sehr komplexer Prozess ist und spätere Umverpflanzungen des Embryos ein unzumutbares Risiko darstellen werden. Der Uterus ist unter optimalen Bedingungen eine recht ausgereifte Technologie. 

Auffälliger ist eher, dass auf einen Reiz hin alle sich befleißigt fühlen, etwas zu diskutieren, das nicht existiert. In die Gegenrichtung zu blicken ist bei solchen kurzlebigen vormanipulierten Massenobsessionen ratsam. Um was geht es wirklich? Werbung für das Immergleiche: Eine sterile bourgeoise Familie, die sich im Homeoffice nützlich macht und im Austausch für ein bisschen Wein und Naturkost die Doppelbelastung systemgerecht auf neue Standards bringt.
Das, was Eltern und insbesondere Frauen fertig macht, ist nicht die Schwangerschaft, sondern die Zeit danach und insbesondere die Lebensjahre 3-7, die aus hunderten täglichen Ermahnungen und Verboten bestehen, den tausenden von Entscheidungen, die damit einhergehen: vom Schulranzen über die Schuhmarke bis zum Hauskauf. Die Ortsbindung durch das Kind schränkt die Berufswahl empfindlich ein, in einem hochspezialisierten Arbeitsmarkt auf Mindestlohnjobs oder Schlimmeres. In den Akademien ist es für beide Geschlechter überhaupt nicht mehr ratsam, nach dem Studium und vor der Professur Kinder zu bekommen. Frauen beschäftigt in der Regel nicht die Frage, ob man die Schwangerschaft nicht an eine Maschine abtreten kann. Sondern dass sie nach der Schwangerschaft mit Maschinen und dynamisierten kinderlosen hyperflexiblen und doch hochspezialisierten „Hochleistungsmenschen“ in Konkurrenz treten oder zumindest einen solchen aufziehen sollen. Ob Problem oder Utopie – der Brutkasten ist ein Ablenkungsmanöver, das Versprechen, gesellschaftliche Regression mit technologischem Fortschritt zu begleiten.

Der König von Marokko

Die Stimmen aus dem Internet sprechen eine eindeutige Sprache:

„Ich finde es legitim, den König von Marokko zu hassen.“
„Ich würde gerne mal mit einer Planierraupe zum König von Marokko fahren, um ihm das Wasser abzustellen und ihn ein bisschen anderweitig zu demütigen!“
„Ich hasse nicht alle Marokkaner, nur weil ich den König von Marokko hasse!“
„Was hat zwei Finger und scheißt auf Diplomatie? Der König von Marokko!“
„Tayyip Wladimir Mohammed VI!“

Diplomaten und Regierungsoberhäupter aller Staaten stehen beim König von Marokko Schlange, um im Konflikt zwischen Marokko und der ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara zu verhandeln. In den Industriestaaten boykottieren Gewerkschaften und Studierendenverbände marokkanische Wissenschaftler und essen keine marokkanischen Tomaten mehr. Sie solidarisieren sich mit der Frente Polisario, eine der ältesten nationalen Befreiungsbewegungen der Welt. Und sie hassen vor allem den König von Marokko, der die Westsahara praktisch annektiert hat. Kaum jemand in Marokko strebt immer noch nach einem Groß-Marokko, das Mauretanien und Algerien beinhaltet. Aber die Westsahara gehört zu Marokko, so der König von Marokko. Die Frente Polisario ist anderer Meinung, sie hatte die Demokratische Arabische Republik Westsahara ausgerufen und kontrolliert immer noch Teile der Westsahara, während Marokko mit einer Siedlerkampagne die Marokkanisierung der Westsahara vorantreibt, um Fakten zu schaffen.
In den späten 1970-ern wurde die Frente Polisario zurückgedrängt, 2500 km Mauer und Grenzschutzanlagen sichern das Gebiet. 180.000 Sahauris leben seit 1967  in Flüchtlingslagern in Algerien. Für sie zählt nicht der Anspruch Marokkos, dass Spanien das Gebiet erst 1926 mit großflächigem Einsatz von Senfgas eroberte und als Kolonie abtrennte. Später ging es Spanien um die Phosphatvorkommen, die heute von Marokko kontrolliert werden.

Kein Wunder also, dass die Emotionen hochkochen. Schließlich geht es um eine gerechte Welt ohne Unterdrückung. Und da darf man auch einen König hassen. Sein tägliches Budget beläuft sich auf knapp 900.000 Euro. Er hat eine 70-Meter Yacht, Paläste in ganz Marokko, ein Schloss und zwei Hotels in Frankreich. Er verbraucht als Einzelperson mehr Ressourcen, als alle Flüchtlingslager der Polisario zusammen, hat zwei Milliarden Euro in seinem Besitz, gilt als Marokkos größter Banker und Manager. Politisch hält er einen Absolutheitsanspruch aufrecht, er sieht sich als Emir, als Anführer der Gläubigen.

Nun könnte man sagen, es gibt auch anderes Unrecht, zum Beispiel die Kastengesellschaft in Indien oder die Ausbeutung Westpapuas durch Indonesien oder die Aneignung von Land im übrigen Afrika. Aber manche sehen hier ein Politikum und wollen ein Exempel statuieren: „Nur weil Spanien 1926 Giftgas eingesetzt hat, müssen wir uns nicht schuldig fühlen, den König von Marokko zu hassen. Gerade wegen dem Giftgaseinsatz müssen wir heute gegen Marokkos König kämpfen,“ so eine Demonstrantin, die fast täglich in der Innenstadt von Köln eine Kundgebung gegen den König von Marokko abhält. Ein anderer Herr mischt sich ein: „Ich war schonmal in Marokko. Ich habe alles gesehen, wie die Westsahauris behandelt werden. Kein Wunder, wenn die Polisario Marokko vernichten will.“ Ich wende ein, dass die Polisario gar nicht Marokko vernichten wolle. Dass sie Marokko schon 1976 anerkannt hätte und nur für eine freie Republik Westsahara streiten würde. „Ja, aber das darf man ja nicht laut sagen, sonst kriegt man gleich mit der Antimarokkanismuskeule eins übergebraten!“ Der Mann zischt ab, sichtlich erregt. Später sehe ich ihn wieder und kann ihm einige Fragen stellen. Seine Freizeit verbringt er mit dem Sammeln von Informationen über die Westsahara. Es regt ihn auf, sagt er. Vor allem, dass die Marokkaner aus ihrer Geschichte nicht gelernt hätten. Wenn man Kolonie gewesen sei, so sagt er, dürfe man doch nicht andere kolonisieren!
Er sagt auch „wir als Deutsche“. Das ist ihm wichtig in seinem täglichen Kampf gegen den König von Marokko. Krieg sei kein Mittel um Konflikte zu lösen. Deshalb unterstützt er die Polisario. Irgendwann, sagt er, müsse man ja explodieren, wenn man immer unterdrückt werden. Ich wende ein, dass es andere Bewegungen gebe, die keine Gewalt anwenden, obwohl sie noch ärmer dran sind. Die Aborigines in Australien etwa, denen hat man das ganze Land weggenommen, sie leben in einer rassistischen Gesellschaft, aber man hört nie von bewaffneten Aborigine-Aufständen. Ja, sagt er, aber das dürfe man nicht laut sagen. Sonst bekomme man gleich etwas mit der Antimarokkanismuskeule… Ich winke ab.

Offenbar hat die Welt ein besonderes Problem mit dem König von Marokko. Anderes Unrecht weckt kurze Aufmerksamkeit, ein paar Wein-smileys, ein paar Wut-Smileys, wenn etwa der König von Saudi-Arabien wieder ein paar Todesurteile wegen Homosexualität oder Atheismus unterschreibt. Mir scheint sich die besondere Wut, die sich auf den König von Marokko richtet, von der Wut auf andere Ungerechtigkeit zu unterscheiden. Schließlich kennt jeder aus der Presse den Namen „Mohammed VI“, keiner jedoch Xi Jinping oder Teodoro Obiang Nguema Mbasogo oder Gurbanguly Berdimuhamedow. Und es schiene mir nicht falsch, dieses Besondere des Hasses auf den König von Marokko als Antimarokkanismus zu beschreiben.

Weiterlesen:
https://nichtidentisches.de/2015/10/hitler-kennen-netanyahu-hassen-der-reduzierte-antisemitismus/