Sarrazins Kinder

In einem Zug irgendwo zwischen Mittelhessen und Nordrhein-Westfalen musste mancher diese Woche folgendem Monolog eines eifernden Mittfünfzigers beiwohnen:

„Der Dingsda von der SPD, der das mit den Ausländern gsacht hat, hat ja jetzt ein auf den Deckel bekomme. Joa. Wenn ma in ner Partei is, kammer das net sache, da kriecht ma gleich was aufen Deckel. Awer eigentlich hatter ja recht. Dass die da den Staat aussuckeln kann ja wirklich net angehn. Wie die in Kleinlinne da, die hot da drei Kinner. 350 Euro! Zahlt alles des Amt! So e  Schlambe, die müsst geprüchelt were, von morchens bis abens! Jeden tach isse inne Disko un die Kinner hotse beim Vatter gelasse!“

Sarrazins geistige Kinder: lauter kleine deutsche Bierbauchmännchen, die das Bewerbungsschreiben für den amtlichen Job des „Durchprüglers“ schon in der Schublade haben, falls der Islamismus kommen sollte.

Wird er nur fehlinterpretiert? Hat er, wie Wolffsohn es wahrnimmt, eine „sachliche“, „analytisch tiefe“ Kritik an islamistischen Zumutungen geäußert? Oder hat der Zentralrat der Juden recht, wenn ein Sprecher behauptet, Sarrazin stünde in einer geistigen Linie mit Hitler?

Sarrazin ist vor allem deutsch wie ein Jägerzaun. So einer schickt schon mal Mitarbeiter zum Einkaufen in den Discounter, um nach einem Blick auf den Kassenzettel und einem weiteren ins Aldi-Kochbuch die Forderung nach 49 Cent weniger Tagessatz für Hartz-4 Empfänger rauszufetzen. Im jüngsten Interview jammert er dann:

„Es gibt auch das Problem, dass vierzig Prozent aller Geburten in der Unterschicht stattfinden“

Warum es überhaupt eine Unterschicht gibt, muss man für einen Malthusianer seines Schlages gar nicht mehr problematisieren – wer dort Kinder gebärt, vermehrt anscheinend zwangsläufig die Unterschicht. So schnell wird Armut rassifiziert und ein gesellschaftliches Problem – das der Armuterzeugung bei gleichzeitiger gigantischer Warenanhäufung – biologisiert. Die Armen erscheinen bedrohlich, ökonomisch und sexuell. Sie fressen und ficken dem Sarrazin zuviel. Da kann ja auch sonst nichts dabei rauskommen:

„Eine große Zahl an Arabern und Türken in dieser Stadt (…) hat keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel, und es wird sich vermutlich auch keine Perspektive entwickeln. Das gilt auch für einen Teil der deutschen Unterschicht.“

Nun könnte man auf die Bedeutung der türkischen Khebapproduzenten für die Ernährung deprivierter SchülerInnen und Arbeitsloser verweisen oder auf Anteile türkischer oder arabischer ArbeiterInnen in Leiharbeitsfirmen. Sarrazin kommt es aber nicht so sehr darauf an, welche Nischen besetzt werden. Er will den Aggress auf die eigene Unproduktivität abwälzen, indem er Menschen zuerst auf ihre produktive Funktion hin klassifiziert. Integration wird hier an der in den Betrieb gemessen.

So nimmt es nicht wunder, dass bei einem derart in Fleisch und Blut übergegangenen instrumentellen Verhältnis zu Menschen am Holocaust vor allem die ökonomischen Einbußen für Berlin bedauert werden – Berlins Bevölkerungsstruktur und Ökonomie erscheinen als vorrangiges Opfer Nazideutschlands:

„Das hatte Folgen für die Bevölkerungsstruktur. Auch der immense jüdische Aderlaß konnte nie kompensiert werden. Dreißig Prozent aller Ärzte und Anwälte, achtzig Prozent aller Theaterdirektoren in Berlin waren 1933 jüdischer Herkunft. Auch Einzelhandel und Banken waren großenteils in jüdischem Besitz. Das alles gab es nicht mehr, und das war gleichbedeutend mit einem gewaltigen geistigen Aderlaß. Die Vernichtung und Vertreibung der Juden aus dem deutschsprachigen Raum insgesamt betraf zu sechzig bis siebzig Prozent Berlin und Wien. Dazu kam der Weggang des klassischen leistungsorientierten Bürgertums.“

Dass es „das alles“ nicht mehr „gab“ ist eben nicht gleichbedeutend mit einem „gewaltigen geistigen Aderlass“. Es ist überhaupt nicht gleichbedeutend. „Die Vernichtung und Vertreibung der Juden aus dem deutschsprachigen Raum insgesamt“ betraf Juden und nicht  „zu sechzig bis siebzig Prozent Berlin und Wien“.

Und was bleibt dann zwangsläufig von der „Kritik“ am Islamismus übrig?

„Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert. Das gilt für 70 Prozent der türkischen und 90 Prozent der arabischen Bevölkerung in Berlin.“

Dass jemand „vom Staat lebt“ leitet den Beginn der Assoziationskette ein – das ist schon mal sehr verdächtig für einen Berufsbeamten. „Diesen Staat“ abzulehnen scheint ohnehin niemand das Recht zu haben, der „vom Staat“ lebt.  Das ist keine Kritik am Islamismus, sondern das ist Zurichtung auf bedingungslosen Konformismus. Eine solche wird nur noch verstärkt durch die vermeintlich unrassistische Forderung, doch Ausländer reinzulassen, die etwas Anständiges leisten und qualifiziert sind.

„Sie müssen zur Schule gehen, sie müssen Deutsch sprechen können und den normalen Aufstieg durch Bildung nehmen.“

Das klingt mehr als scheinheilig im Land der Arbeitsverbote für Ausländer und der promovierten thailändischen Putzhilfen. Dass Mädchen unters Kopftuch gezwängt werden, rechtfertig zuletzt noch lange nicht, die Geburt dieser Kinder  in der gleichen Weise als „Produktion“ zu diffamieren wie das die Ideologie der Islamisten vollzieht. Was er angreift ist der Mensch, nicht die üble Sitte, die ihn zurichtet. Der Brauch, die Geburt von Mädchen zu diskreditieren, ist überdies ein alter deutscher: In manchen Orten Bayerns wird dem Vater eines Mädchens bisweilen eine Kette von Büchsen an den Balkon gehängt mit einem Zettel, der die Beleidigung „Büchsenmacher“ verkündet.

Sarrazin bietet keine Frauenhäuser für „Kopftuch-Mädchen“ an, er will kein Asyl für alle andernorts unter die Burka geprügelten Frauen erwirken. Sarrazin will ein anständiges deutsches Straßenbild mit deutschen Gemüsehändlern und einer gut integrierten vietnamnesischen Raumpflegerin, die für ihre 6,76€ pro Tag (Sarrazin-Hartz 4 plus drei Stunden Ein-Euro-Job) dankbar SPD wählt.

Daher irrt Wolffsohn: Sarrazin ist ein zutiefst deutsches Kind. Und er wird völlig zu recht von irgendwelchen Mittelhessen zitiert, die ihr Kind zur Universität schicken, jeden Tag zur Arbeit gehen und jeden Tag der nackten Angst vor dem Abstieg in die Unterschicht und ihren lockenden Freuden – dem „Suckeln“ an der Mutterbrust von Vater Staat – nachspüren.

Noble Gesinnung?

2002 wurde Jimmy Carter mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Carter fühlte sich dadurch dazu veranlasst, sein Buch „Palestine: Peace, not Apartheid“ zu schreiben, in dem er Israel die Schuld daran gibt, dass es sich selbst mit einer Mauer vor antisemitischen Überfällen in Schutzhaft nehmen muss.

1994 erhielt Yassir Arafat den Friedensnobelpreis. Das ermutigte ihn 2000 dazu, die zweite Intifada zu organisieren. Seine Garde, die Al-Aqsa-Brigaden, verübten ein Drittel aller Selbstmordanschläge, die während dieser antisemitischen Kampagne verübt wurden.

1919 wurde Woodrow Wilson mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Er hatte als Ku-Klux-Klan-Anhänger und Freund der Sklaverei die Rassentrennung in vielen Bereichen erst neu eingeführt. In seiner Amtszeit geschahen die genozidalen Massaker an der armenischen Bevölkerung in der heutigen Türkei und in Armenien.

Drei Beispiele für die Fragwürdigkeit der Auszeichnung mit einem Friedensnobelpreis.

Nun hat es Barack Obama erwischt und nur konsequent setzt Füßescharren ein. Was genau hat Obama erreicht? Nordkorea hat sein Atomwaffenprogramm fortgesetzt. China verschärft mit schöner Regelmäßigkeit die Zensur. Im Sudan gehen die Morde weiter und die Vertriebenen leben in ständiger Angst ums Überleben. Der Kongokrieg tobt weiter, plündernde Banden marodieren und vergewaltigen – sie wären mit militärischen und polizeilichen Mitteln einfach zu stoppen, wären diese vorhanden. Somalia muss immer noch mit 3000 AU-Soldaten auskommen  um eine zweifelhafte Regierung gegen kriegserprobte fundamentalistische Fanatiker zu verteidigen –  während man in Deutschland für einen mittleren Castortransport 16 000 Polizisten gegen ein paar Tausend unbewaffnete potentielle Gleisbesetzer mobilisiert. Und was genau hat Obamas zaudernde Politik gegenüber dem Atomwaffenprogramm in Iran mit der Schaffung einer atomwaffenfreien Welt zu tun? Offene Fragen, die Obama bei der Preisverleihung selbst peinlich sein dürften.

Iranische Entwicklung Afrikas

Iran

Solche Bilder findet man häufig in Ghana. Die iranische Intervention beschränkt sich nicht  wie hier in Ghanas größtem „Hexen“-Ghetto Tindang auf handgegrabene Brunnen. In Cape Coast war der einzige Krankenwagen, der während dem historischen Obama-Besuch Bereitschaft in der Menge stand, ein von der islamischen Republik Iran gespendeter. Ein deutliches Zeichen, was man so vom demokratischen Gestus des Amerikaners hält: Solange dessen Todfeind nur das Brot bringt, wird unter der Hand auch dessen Lied gesungen.

In Accra gibt es etwa eine iranisch-ghanaische Klinik – kein kleines Geschenk der Entwicklungshilfe. Besonders im islamischen Norden werden Moscheen, Kindergärten und Schulen aus Iran finanziert. Und Entwicklungshilfe in diesem Maßstab kommt nicht ohne diplomatische Verflechtungen aus:

TEHRAN, Nov. 18 (ISNA)-Iranian private companies can play a key role in Ghana’s development program, said Iran’s Foreign Minister in a visit with the country’s newly-appointed ambassador to Iran Ahmad Hassan.

Iran-Ghana friendly ties as well as Tehran’s technical and industrial potentials can pave the way for further growing of relations, Mottaki said.

Ahmad Hassan for his part described Iran as a significant regional country and said ties with Iran is of much importance for Accra.

He also highlighted Iran’s capabilities in different domains and said he would do his best to boost the level of mutual relations in all sections.

The two countries have already signed seven memorandums of Understandings (MoU) in the fields of health, shipping, agriculture, oil, media, diplomacy and customs during their third joint economic cooperation commission held in Tehran in May.

Source: www.isna.ir (viahttp://www.modernghana.com/news/191212/1/irans-private-sector-can-aid-ghanas-development-pr.html)

Diplomatische Bande, die Ghana unter anderem auch mit dem Ärzte-Exporteur Kuba pflegt und wegen der bloßen Liebe zu Obama noch lange nicht fallen lassen würde. Den verehrt man schließlich vor allem wegen der Hautfarbe und der Machtposition, nicht wegen einer irgendwie gearteten demokratischen Einstellung.

Ob sich Ghana’s muslimischen Gruppen nun vom iranischen Eifer beeinflussen lassen, ist fraglich. Zwar sieht man ab und zu auch voll-verschleierte Frauen auf den Straßen. Und die Moscheen rufen pflichtbewusst zum Gebet, sobald man einen weißen von einem schwarzen Faden unterscheiden kann. Aber über das Ritual hinaus lässt sich doch wenig von Ideologie bemerken. Lediglich ein Handy-Shop in Techiman nennt sich „Black Taliban“. Würde er den Händlerinnen auf dem Markt verbieten wollen, Gurken und Tomaten nebeneinander zu verkaufen, weil das der Geschlechtertrennung widerspräche, würde er vermutlich herzhaft ausgelacht und mit Garden-Eggs beworfen. An der prekären Situation der Frauen besonders in den nördlichen Gebieten ändert das wenig – nur daran sind auch traditionelle Religionen und das Christentum so eifrig beteiligt, dass eine Fokussierung auf den Islam wenig Sinn macht.

Nachtrag:

„Black Taliban – or the faith of the unfaithful“ heißt eine populäre Komödie. Daher wahrscheinlich der Namen des Handyshops.

Piratenalarm statt Intervention

Ein Pirat wurde gefangen. Wie die römischen Kaiser Barbarenfürsten in Triumphzügen durch die Straßen Roms zerrten, wird er durch die Presse gereicht – und vor allem als Novum für die Staatsrechtsprechung gehandelt. Piraterie und Staatsbigotterie sind eng verzahnt. In der Hochzeit der Piraterie waren Piraten zumeist Agenten im Auftrag von konkurrierenden Staaten. Sie führten das jeweilige Staatsinteresse außerhalb des rechtlich Verhandelten aus. Als die Staaten sich gegeneinander soweit konsolidiert hatten, dass Piraterie sowohl nutzlos als auch selbst zur Konkurrenz wurde, schrieb man die Freibeuter zu Staatsfeinden aus und verfolgte sie.

In der postnazistischen und postsozialistischen Welt konsolidieren sich die Staaten aufs Neue, diesmal auf internationaler Ebene. Internationale Rechtsprechung wird auf dem Weg zum Weltstaat zum Experimentierfeld, auf dem Trophäen Geltung verschaffen. Das Besondere am Fall des Jugendlichen aus Somalia ist daher nicht, dass er Pirat ist. Piraten gibt es in Südostasien ebenso wie in Afrika und allen Meeren mit unterschiedlichen Aufträgen: Schmuggeln, Fischraub, Müllentsorgung und das Aufbringen von Containerschiffen.

Dieser eine Pirat aus Somalia allerdings hat ein Verbrechen begangen, das schlimmer nicht sein könnte: Er gehört keinem Staat an. Was also implizit verhandelt wird, ist die stellvertretende Rechtsprechung, das Suggerieren eines internationalen verbindlichen Rechtsraumes, einer internationalen Exekutive, die selbst in Nichtstaaten wie Somalia Recht zu sichern weiß.

Dabei gibt man sich humanitär: Die Piraten seien eine Bedrohung für Hilfgüterschiffe. Die Hilfsgüterschiffe selbst sind eine Bedrohung. Die Schutzzölle der Helfer an die Warlords verschaffen diesen eine Existenzgrundlage, die eingeführten Hilfsgüter und Nahrungsmittel werden von Warlords verkauft oder paternalistisch verteilt. Es ist klar, dass keine Hilfsgüter nötig wären, wenn Waffenschmuggel, Islamismus und Tribalismus in Somalia eingedämmt würden. Die Hilfsgüter sind Zeichen einer Politik, die Somalia aufgegeben hat und mit Almosen ihr schlechtes Gewissen beruhigen will. Von Seiten Europas werden waffenstarrende Marineschiffe zum Schutz von ein paar Öltankern und Fischwilderern geschickt. Zur Verteidigung Mogadishus, der zwei Millionen schweren Hauptstadt Somalias aber sollen knapp 3000 Soldaten aus Uganda und Burundi ihr Leben gegen schwer bewaffnete und hochmotivierte islamistische Eiferer einsetzen. Zum Vergleich: um München gegen Grafittikünstler, Flüchtlinge ohne Papiere und Ladendiebe zu sichern, hält Bayern den dauerhaften Einsatz von 6000 im Gebrauch mit Schusswaffen bestens ausgebildete PolizistInnen für notwendig.

Das vom Weltmarkt abgehängte Hungerleiderland Somalia ist offensichtlich nicht von Interesse für die den Weltmarkt repräsentierenden Staaten. Sobald aber von jenen Hungerleidern eine Bedrohung für diesen Weltmarkt ausgeht, wird mit aller Macht zurückgeschlagen – und damit nur ein weiteres Mal zynisch zur Schau gestellt, welche Kapazitäten man zur Anwendung bringen kann, wenn man nur will. Dass Piraterie bekämpft wird, ist kein grundlegender Skandal, sondern eine Banalität. Dass Pirateriebekämpfung in Somalia zum vorrangigen Ziel erklärt wurde, während man Millionen Menschen und darunter vor allem die Frauen in Somalia dem Terror von Islamisten und traditionalistischen Männerbünden überlässt, ist menschenverachtende Bigotterie, eine makabre Farce.

Ethnologisches zum Sudan

Der Südsudan war vor der vom Westen geduldeten Verwüstung Darfurs Schlachtfeld der ersten zentralen militärischen Auseinandersetzung des islamistischen Sudans mit seinen selbstgewählten Gegnern. Fritz W. Kramer, ein sich durch Integrität und kritisches Denken auszeichnender Ethnologe, liefert in seinem Aufsatz „Krieg in den Nubabergen – Über Loyalität, Religion und Gewalt“ eine kompakte Beschreibung der ideologischen, militärischen, kulturellen und geographischen Faktoren dieses Krieges.

Als solche benennt Kramer den Sturz des äthiopischen Mengistu-Regimes, das  durch seine Kampagne  „Roter Terror“ bekannt geworden war, und die im Gefolge des Militär-Putsches im Sudan erstarkte National Islamic Front. Nach dem Durchmarsch islamistischer Ideologie in der vormals eher säkularistische Armee wurde der Djihad ausgerufen. Kramer benennt die Identifizierung von Staatsfeinden und Apostaten als zentrales Ideologem der Islamisten. Durch die Aufhebung jeglicher Trennung von Staat und Religion konnte eine Synthese aller Widersprüche in diesem Staat und an seinen Rändern gebildet werden, was sich wie ein Modell für alle islamistischen Regionen ausnimmt. Es galten „…alle Rebellen als Ungläubige und alle Ungläubigen als Rebellen…“.

Für den Erfolg dieser Doktrin differenziert Kramer zwischen materialistischen Interessen, etwa der Bestechung und Erpressung von lokalen Autoritäten, der Initiative von Verwaltungsorganen bei der Ausrufung des Djihad, der Integration der iranischen Märtyrer-Kriegsführung in die sudanesische Armee und deren Säuberung von säkularistischen Elementen, sowie letztlich auch das gegen die schwarzen Gruppen gerichteten rassistische Ressentiment, das auf einer jahrhundertealten Sklavenhaltermentalität fusst.

Um Schwarze zu versklaven, schufen die islamischen Herrscher des Sudan ein Distinktions-Regime, innerhalb dessen Schwarze zum Einen gezielt nicht missioniert wurden, um ihre Versklavung nach islamischem Recht weiterbetreiben zu können. Gleichzeitig wurden sie als rückständige und abergläubische „Heiden“ und „Ungläubige“ stigmatisiert. Die starke und offensichtliche Vermischung mit der schwarzen Bevölkerung wurde durch eine Verweigerung jeglicher Bedeutung für eingeheiratete schwarze Frauen verleugnet und so eine hierarchische Dichotomie von vorgeblich reinen Arabern und ungläubigen Schwarzen erzeugt.

Bis zum Waffenstillstand mit der SPLA, der 2005 in einen Friedensvertrag umgewandelt wurde, richtete dieser islamistische Djihad systematisch Massaker an, praktizierte Zwangsrekrutierungen und vollzog die Internierung von Zehntausenden von Zivilisten in „Islamisierungslager“ (unabhängig von der tatsächlichen Konfession) –  zur Beseitigung der ökonomischen und militärischen Basis der Guerilla und als ständige Ressource für (Zwangs-) Konkubinate.

Wer die aktuellen Vorgänge im Sudan und dessen Teilhabe an der internationalen islamistischen Bewegung wie auch dem genozidalen Terror der inzwischen kaum noch überschaubaren Vielzahl von Rackets gegen die Menschen in Darfur überblicken will, dem seien als möglicher Ausgangspunkt die Aufsätze Kramers zum Südsudan in den „Schriften zur Ethnologie“ wärmstens empfohlen.

Literaturangabe:

Fritz W. Kramer: „Schriften zur Ethnologie“. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag. 2005. 418 Seiten.

„Bleib ma locker, Jude“ – Youtube-Antisemitismus boomt

Die zahllosen Videopostings von Pro-Hamas-Demonstrationen in Deutschland erfreuen sich einer halbwegs regen Beliebtheit. Paltalkywalkie, der Produzent von „Demo Köln Gaza 1″, einem Mitschnitt von stupidem „AllahuAkbar“-Gebrüll, reagiert ganz unverfroren auf Kritik eines Kommentators mit „Bleib ma locker, Jude“. Die Antwort, in der sich der Angegriffene mit  „Muzzie-Palli“ auf ein vergleichbares Niveau herabbegab, wurde zensiert.

Die Frage, wieso denn nur „Allahu Akbar“ gerufen wurde, wird eindeutig geklärt:

„allahu ekber reicht.für die ,die gott hassen. das ist die beste antwort.
allahu ekber“

Wer das satirisch aufspießte, bekam es mit Morddrohungen zu tun:

„Ey sag mal an was glaubst du den.. a gar nich oda was…. wennn du an grnichts glaubst sag mal wie kamen adam und eva zur welt sag mal denkst du die sind vom himmel gefallen nein die hat unser ALLAH erschaffen. und dieser stein dendu meinst der hat ne geschichte also wenn du keine ahnung hast sei leise und halt dein maul und rede nei wieder so über allah sonst kauf ich dir ein ticket in der ersten reihe in der hölle du bastat….“ Weiterlesen

Vom Zwang zum Urteil – Beckers notorisch antiisraelische Konfliktanalyse

Der jüngste Schlag der israelischen Armee gegen die Hamas schreit natürlich nach einer Analyse durch einen offiziellen Konfliktforscher. Der oberhessischen Presse lag in der Vergangenheit stets eine Adresse nahe: Johannes M. Becker. Dieser Unterzeichner des berüchtigten „Manifest der 25“ verfasste auch prompt einen Kommentar, der einer überregionalen Leserschaft nicht vorenthalten werden soll. Unter der Überschrift „Der Nahe Osten wieder im Krieg“ (Oberhessische Presse 29.12.2008, S.14) klappert es, dass es nur so eine Art hat: Weiterlesen

Piratenjagd statt Militärhilfe – zynisches Abschreiben Somalias

Europas Interesse an der Pirateriebekämpfung in Somalia deckt sich derzeit auffallend mit dem der islamistischen Milizen. Nachdem man bislang durch Nichtstun kollaborierte und daher der äthiopischen Armee den Sieg über die islamistischen Milizen wieder aus den Händen schlug, hat man derzeit nichts wichtigeres im Sinn als die Verfolgung von Piraten. Diese rücken deshalb in das öffentliche Interesse, weil sie wichtige Handelswege penetrieren – vom Big Business der illegalen Fischfangflotten vor Somalias Küsten ganz zu schweigen.  Dafür wird dann flugs investiert und die Entsendung von mehr als 1000 deutschen Soldaten angedacht.

Die Millionen Menschen, die in Somalia wieder unter dem Joch der Islamisten Betzwang, Drogenverbot und dem willkürlichen Terror der Rackets ausgesetzt sind, interessieren Europa ebenso wenig wie  die Drohung der Jihadisten, alle westliche Gesinnten auszurotten. Der Jihad in Somalia ist kein lokaler Konflikt in einem am Boden zerstörten Land. Er ist nur eine Front des jihadistischen Weltkrieges gegen  Juden, Individualismus und Frauen, der in Indien, Pakistan, Indonesien,  Nigeria, Afghanistan, Irak und Israel makabre Blutorgien feiert. Vor diesem Hintergrund sind die engstirnigen Überlegungen über Afghanistans Zukunft von Obama bis zur Linkspartei reine Farce – denn anscheinend hat man gerade nichts besseres zu tun, als einen neuen Fluchthafen für jene Jihadisten zu erschaffen, die man aus Afghanistan und Pakistan halbherzig zu vertreiben sucht.

Im Exorzismus an den Piraten versucht Europa im Konzert mit den Autokratien Russland und China jenen störenden Makel auszuwischen, der durch die rein ökonomischen Auswirkungen des Elends in Somalia entsteht. Der Druck der Piraten, die unter dem Zwang des Marktvakuums eine kontraproduktive, aber effektive Form der selbstorganisierten Entwicklungshilfe praktizieren, ist offenbar ein dringenderes Problem für Europa als die Siege der islamistischen Milizen, die mittlerweile vor Mogadischu stehen. Wen kümmern schon Steinigung, Zwangsehen, Genitalverstümmelung. Das bringt keine Einschaltquoten. Anders eine Flugzeugentführung von vor 30 Jahren:  7,34 Millionen Deutsche sahen das Dokutainmentprodukt „Mogadischu“ am 1.12.2008, während Mogadischu eine Geisterstadt ist, weil der Ansturm der Islamisten bevorsteht. Das von diesen produzierte Elend wird man wie im Sudan mit einem tränenumflorten Blick als Bussiness as usual akzeptieren. Treuäugig verweist man in Europa in der Weihnachtszeit auf das ewige Schlechte im Menschen, betet in Kirchen weihevolle Litaneien für die Wiederkunft Gottes und Frieden auf Erden, während man es sich als Pazifismus anrechnet, keine Soldaten in solche Regionen zu senden.

Literaturtip:

Machtkampf um Tanker „Sirius Star“: Somalias Islamisten gegen Piraten. In: tageszeitung 24.11.2008.

Mädchen gesteinigt.“ Berliner Zeitung, Frank Räther: 11.11.2008.

Bisherige Beiträge zum Thema auf „Nichtidentisches“:

Somalia – Islamisten rücken auf Mogadischu vor

Somalia hat Chancen

Islamisten fliehen aus Somalia

„The Mog“ is free

Äthiopien befreit Somalia

Somalia-Zahl der AU-Soldaten immer noch weit unter 8000

Somalia – Islamisten rücken auf Mogadischu vor

Die Unfähigkeit der UN und der EU sorgt dafür, dass die Islamisten der IUC Geländegewinne verzeichnen können und nun auf Mogadischu vorrücken. Unterstützt werden sie von Eritrea und aus anderen Quellen. Die AU-Mission AMISOM ist offensichtlich gescheitert, von 8000 versprochenen Soldaten hat lediglich Uganda etwa 1600 Soldaten geschickt, die sich zudem eher Aufbauarbeit und Ausbildung als auf militärisches Engagement konzentrieren sollen. Burundi verzögerte erfolgreich die Entsendung von 2000 Soldaten, lediglich 192 sind davon bislang in Somalia.

Das übliche Paradoxon bei solchen Missionen lautet: Je heftiger die Kämpfe und je instabiler die Region  desto unwahrscheinlicher ein konsequentes Eingreifen der Hilfstruppen. Dazu kommt, dass die derzeit geplante AU-Mission in Darfur als Konkurrenz zu AMISOM betrachtet wird. Die finanzielle und logistische Unterstützung der EU lässt ohnehin auf sich warten und tröpfelt nur spärlich im ein- bis zweistelligen Millionenbereich – die Kosten einer mittleren Umgehungsstraße im badischen Hinterland oder der Wert eines Weinkellers einer deutschen Landesregierung.

Im Mai hatte die UNO noch eine Blauhelm-Mission in Aussicht gestellt, die aber wie für UN-Missionen üblich keinerlei Risiko eingehen will: «Wenn die Sicherheitsbedingungen und der politische Prozess stimmen, werden wir eine Friedensmission ins Auge fassen». Die UN-übliche Unterscheidung von Peace-Keeping und Peace-Making spricht schon Bände. Letztlich bleibt es wie im Falle des Iraks oder in Ruanda  unzuverlässigen und spontanen Bündnissen überlassen, die Situation zu ändern.

Die Junge Welt sympathisiert natürlich mit den Islamisten, die sie als „bewaffnete Opposition“ ehrt und als Opfer von „Verteufelung“ durch die USA sieht. Während äthiopische Truppen angeblich „ganze Stadtteile in Trümmer“ schießen, zerstören UIC und Al-Shahaab lediglich Verwaltungsgebäude und Polizeistationen und befreien Gefängnisinsassen. Im nächsten Atemzug wird aber schon wieder bewundernd von der „funktionierenden Verwaltung“ in Kismayo geschrieben – womit vermutlich die Scharia-Gerichte gemeint sind. Weil es laut Koran „keinen Zwang in der Religion“ gibt, werden die Bewohner der besetzten Gebiete zum fünfmal täglichen Gebet verpflichtet, das Kauen der Droge Khat wird verboten, wer noch immer christlich ist, läuft Gefahr, ermordet zu werden. Für die Frauen ändert sich wenig, da die traditionellen Regeln ohnehin kaum zu überbieten sind – 95 Prozent der Frauen in Somalia wurden durch Genitalverstümmelung traumatisiert.

Bisherige Beiträge zum Thema:

Somalia hat Chancen

Islamisten fliehen aus Somalia

„The Mog“ is free

Äthiopien befreit Somalia

Somalia-Zahl der AU-Soldaten immer noch weit unter 8000

Postmoderne Spieletesternazis – ein Gastbeitrag

Christian Horn, aka Hochdorff, ein langjähriger Kommentator von „Nichtidentisches“, entblößt im folgenden Beitrag die nazistisch getönte Doppelmoral eines Gamestar-Spiele-Testers.

Computerspiele brauchen Feindbilder, diese Feststellung ist banal. Dennoch kann eine Analyse dieser Feindbilder über den geistigen Zustand der Menschen aufklären, in deren Köpfen sie entstehen. Dabei wäre zu berücksichtigen, welche Feindbilder in welchen Köpfen entstehen. Auf diese Weise könnte man zu einer Kritik der bestehenden Verhältnisse gelangen.

Fabian Siegesmund, seines Zeichens Redakteur des Computerspiele-Magazins GameStar setzt sich in Ausgabe 10/2008 desselben Magazins mit Feindbildern in Computerspielen auseinander. Sein Artikel trägt jedoch nicht zur Kritik der bestehenden deutschen Verhältnisse bei, sondern folgt dem hierzulande herrschenden Relativismus.

Siegesmund vermittelt mit einem rankumpelnden Ton eine Stammtischatmosphäre, die sprachlich den Inhalt des Artikels vorweg nimmt. Seine Betrachtung beginnt mit der Darlegung der Tatsache, dass eine Feindkonstruktion in Abgrenzung zum je Eigenen stattfinde. Auch dieser Befund ist höchst banal. Siegesmund scheint seinem Publikum geistig nicht allzu viel zu zutrauen, so versucht er zu erklären, dass die Abgrenzung gegen „hirnfressende Zombies, kriegslüsterne Wehrmachts-Soldaten (sic!) oder bombenlegende Terroristen“ als Ursache hätte, dass man seinen Heimatort möge, am liebsten lokale Spezereien verdrücke und sich zur Fußball-WM in die je eigene nationale Borniertheit zurückziehe. Diese Erläuterung muss insbesondere im Hinblick auf den Wehrmachtssoldaten sonderbar erscheinen, sorgen doch gerade deutsche Heimatliebe und der „fröhliche Patriotismus“ dafür, dass die deutsche Geschichte auf verschiedene Art und Weise relativiert und entsorgt wird, demnach der Wehrmachtssoldat gar nicht als Feind wahrgenommen werden kann. Weiterlesen